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Die Kongressmehrheit der Republikaner wackelt. Kippt sie auch?
© Mark Wilson/Getty Images/AFP

14 Tage bis zur US Wahl: Demokratische Präsidentin, republikanischer Kongress?

Der Kampf ums Weiße Haus scheint entschieden. Nun wendet sich die Aufmerksamkeit der Machtfrage in Repräsentantenhaus und Senat zu. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Die republikanische Führung hat die Hoffnung auf einen Sieg Donald Trumps im Kampf um das Weiße Haus aufgegeben. Am 8. November wird aber nicht nur der nächste Präsident gewählt. Auch die 435 Abgeordneten im Repräsentantenhaus und ein Drittel der Senatoren müssen sich der Wiederwahl stellen. Kippt auch dort die Dynamik zu Gunsten der Demokraten?

Setzt sich die Blockade fort?

Präsidentschaft und Kongress sind zwei Wahlvorgänge, die unterschiedlichen Gesetzmäßigkeiten unterliegen. Deshalb ist die Antwort auf die Frage, die nun in den Fokus der Amerikaner rückt, offen: Mit welchen Machtverhältnissen wird es die mutmaßliche Präsidentin Hillary Clinton im Kongress zu tun haben?

Davon hängt eine Menge ab, daran haben die beiden Amtszeiten Barack Obamas die Amerikaner noch einmal erinnert. In den ersten beiden Jahren 2009/2010 hatten die Demokraten die Mehrheit in beiden Kammern. In diese Zeit fallen seine gesetzgeberischen Erfolge: Konjunkturpaket, Gesundheitsreform, Reform der Finanzaufsicht, Abrüstungsvertrag mit Russland, neuer Umgang mit Homosexuellen, Ernennung zweier weiblicher Verfassungsrichterinnen.

Von 2011 an hatten die Republikaner die Mehrheit im Repräsentantenhaus, ab 2013 auch im Senat. Die Gesetzgebung war gelähmt. Die Republikaner versuchten sogar, die Verabschiedung des Haushalts zu verhindern. Amerikas politisches System war blockiert. Setzt sich dies unter Clinton fort oder hat sie eine Chance auf Mehrheiten im Kongress?

Die Republikaner behalten wohl die Mehrheit im Repräsentantenhaus

Mit Blick auf das Repräsentantenhaus sind Clintons Aussichten gering. Derzeit haben die Republikaner dort eine bequeme Mehrheit von 246 zu 186 Mandaten; drei Sitze sind vakant. Manche demokratischen Parteigänger spekulieren wegen Trumps Schwäche, vielleicht könne Clinton bei einem Erdrutschsieg auch die republikanische Vorherrschaft im Kongress brechen. Aber die Prognosen der Experten geben das nicht her: 224 republikanische Sitze gelten als sicher, sechs mehr als die absolute Mehrheit.

Wegen des Zuschnitts der Wahlkreise haben die Republikaner derzeit einen strukturellen Vorteil bei der Wahl der Abgeordneten. Die USA halten alle zehn Jahre eine Volkszählung ab. Jedes Mal ergeben sich daraus Verschiebungen der Bevölkerung, zumeist von Ost und Nord nach West und Süd; deshalb müssen viele Wahlkreise neu geschnitten werden, damit in jedem eine gleiche Zahl von Bürgern wohnt. Diesen Neuzuschnitt organisieren in der Regel die Landtage der einzelnen Bundesstaaten. Und in weit mehr Staaten hatten Republikaner nach der Volkszählung 2010 die Mehrheiten als Demokraten. In mehr als 30 Bundesstaaten haben die Konservativen das Sagen, stellen den Gouverneur und/oder dominieren das Regionalparlament. Auch das hoffen Obama, Clinton und weitere Demokraten nun zu ändern.

Clintons hat Chancen auf die Mehrheit im Senat

Etwas besser sind Clintons Perspektiven im Senat. Derzeit haben die Republikaner eine 54-zu-46-Mehrheit in der zweiten Kammer, die der Funktion nach dem deutschen Bundesrat entspricht. Die Demokraten müssen also netto fünf Sitze erobern, um die Mehrheit zu erringen. Das erscheint möglich. 47 Sitze gelten als sicher demokratisch, 46 als sicher republikanisch. Von den verbleibenden sieben Sitzen, die in den Umfragen als unentschieden gelten, müssen die Republikaner sechs als Amtsinhaber verteidigen, die Demokraten nur einen.

Genau genommen genügen den Demokraten vier hinzu gewonnene Sitze. Denn bei Stimmengleichheit im Senat, 50 zu 50, gibt die Stimme des Vizepräsidenten den Ausschlag. Und diese Position wird nach allgemeiner Erwartung 2017 der Demokrat Tim Kaine einnehmen.

Demokraten fordern mehr Geld für den Kampf um den Kongress

Alles in allem lautet die Erwartung 14 Tage vor der Wahl: demokratische Präsidentin, republikanisches Repräsentantenhaus. Die Mehrheit im Senat ist offen, Vorteil bei den Demokraten. In dieser Lage fordern Volksvertreter der Demokraten Hillary Clinton auf, kein weiteres Geld für die Eroberung weiterer Swing States auszugeben, sondern ihre finanziellen Reserven lieber in einen möglichst vorteilhaften Ausgang der Kongresswahl zu investieren.

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