Ukraine-Affäre vor dem US-Kongress: Demokraten beschleunigen Amtsenthebungsverfahren
Republikaner störten eine Anhörung zur Ukraine-Affäre. Die Demokraten wollen jetzt bis Ende des Jahres ihre Prüfung eines Amtsenthebungsverfahrens abschließen.
Donald Trumps Appell ist angekommen. Genervt von immer neuen Aussagen in der Ukraine-Affäre hatte der US-Präsident seine Partei am Montag zum Widerstand aufgefordert – und die Kongressabgeordneten sind ihm nun gefolgt. Zumindest die ganz Treuen.
Am Mittwoch stürmten mehr als zwei Dutzend republikanische Parlamentarier einen abhörsicheren Sitzungsraum, in dem eine hochrangige Mitarbeiterin des Verteidigungsministeriums vor dem Geheimdienstausschuss aussagen sollte. Laura Cooper, die für die Ukrainepolitik zuständig ist, war unter Strafandrohung vorgeladen worden und sagte aus, obwohl das Verteidigungsministerium angekündigt hatte, nicht mit den Ermittlern kooperieren zu wollen.
Der Zugang zu solchen Räumen im Kongress ist streng geregelt. Teilnehmen durften alle Mitglieder der drei Ausschüsse des Repräsentantenhauses, die mit der Voruntersuchung zu einem möglichen Amtsenthebungsverfahren gegen Trump befasst sind, darunter auch 48 Republikaner. Die protestierenden Abgeordneten drängten sich an den Polizisten des Kapitols vorbei in den Raum und weigerten sich stundenlang, ihn wieder zu verlassen. Sie warfen den Demokraten mangelnde Transparenz bei den bisher hinter verschlossenen Türen stattfindenden Anhörungen vor – trotz der Tatsache, dass ihre Ausschusskollegen stets dabei sind und vollen Zugang zu allen Informationen haben. Auch 13 der Eindringlinge sitzen nach Angaben des Nachrichtenseite „Axios“ in Ausschüssen, die das Recht haben, Zeugen zu befragen und Dokumente einzusehen.
Die Anhörung konnte erste fünf Stunden später fortgeführt werden
Einige der Eindringlinge nutzten während der Protestaktion sogar ihre Mobiltelefone, obwohl diese in solche Räume gar nicht mitgenommen werden dürfen. So schrieb der Republikaner Matt Gaetz auf Twitter, er sei mit mehr als 30 Kollegen eingedrungen und befinde sich in dem Saal. Die Protestaktion führte dazu, dass Laura Cooper erst mit fünfstündiger Verspätung weiter befragt werden konnte.
Bei ihrer Aussage sollte es um eine monatelang blockierte US-Militärhilfe für die Ukraine in Höhe von rund 400 Millionen Dollar gehen. Der geschäftsführende US-Botschafter in Kiew, Bill Taylor, hatte am Vortag bestätigt, Trump habe diese Hilfe zurückgehalten, um zu erreichen, dass die Ukraine gegen seinen möglichen Herausforderer bei der Wahl im kommenden Jahr, Joe Biden, ermittelt. Trump forderte demnach, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj öffentlich erklären solle, es werde gegen Bidens Sohn ermittelt. Hunter Biden saß bis April 2019 im Verwaltungsrat des ukrainischen Gaskonzerns Burisma.
Trump wirft Biden vor, als US-Vizepräsident seinen Sohn vor ukrainischen Korruptionsermittlungen geschützt zu haben. Belege dafür gibt es nicht. Trump bestreitet, dass es ein „Quidproquo“ gegeben habe, also die Verknüpfung der Militärhilfe mit der Forderung an Selenskyj. Die Demokraten werteten Taylors Aussage nun als schwer belastend für Trump. Auch Cooper bestätigte nach Angaben von Abgeordneten zumindest Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe von US-Militärhilfe an die Ukraine.
Schon Mitte November könnten öffentliche Anhörungen stattfinden
Nach der Protestaktion äußerten sich die Demokraten besorgt, dass weitere solche Störmanöver die Anhörungen erschweren oder gar stoppen könnten. Darum gibt es nun Überlegungen, den Prozess zu beschleunigen. Schon Mitte November könnten öffentliche Anhörungen stattfinden, berichtete die „Washington Post“. Das würde den Demokraten die Möglichkeit geben, der amerikanischen Öffentlichkeit die ganze Dimension der Ukraine-Affäre zu vermitteln. Ihre Ermittlungen konzentrieren sich derzeit auf zwei zentrale Punkte: Machtmissbrauch und Behinderung der Ermittlungen, da das Weiße Haus eine Totalblockade der Voruntersuchungen angekündigt hat. Spätestens bis Jahresende wollen die Demokraten ihre Prüfung eines Amtsenthebungsverfahrens abschließen.
In den vergangenen drei Wochen wurden trotz der Verweigerungshaltung des Weißen Hauses zahlreiche hochrangige Regierungsmitarbeiter zunächst hinter verschlossenen Türen befragt, ein durchaus üblicher Vorgang in zurückliegenden Impeachment-Verfahren, wie die Demokraten betonen. Vor allem die Anhörungen Taylors und der geschassten US-Botschafterin in Kiew, Marie Yovanovitch, werden als besonders aussagekräftig angesehen. Yovanovitch hatte in der vergangenen Woche erklärt, sie sei im Mai wegen „unbegründeter und falscher Behauptungen von Menschen mit klar fragwürdigen Motiven“ als Botschafterin abgezogen worden. Nach Medienberichten soll sie sich gegen Bemühungen von Trumps persönlichem Anwalt Rudy Giuliani gestellt haben, die Ukraine zu Untersuchungen gegen Biden zu drängen.
Als belastend wird zudem der Auftritt des amtierenden Stabschefs im Weißen Haus, Mick Mulvaney, in der vergangenen Woche gewertet. Mulvaney hatte bestätigt, dass es ein „Quidproquo“ gegeben hat, die Militärhilfe also tatsächlich aus parteipolitischen Erwägungen zurückgehalten wurde. Zwar nahm er diese Aussage dann später zurück, aber der Stabschef hatte sie bei einem kameraöffentlichen Pressegespräch getätigt.
Auch aus dem Protokoll des Telefonats zwischen Trump und Selenskyj am 25. Juli geht hervor, dass sich der US-Präsident ukrainische Ermittlungen zu seinen Gunsten wünschte. Neben Biden ging es dabei um eine – ebenfalls durch nichts belegte – Verschwörungstheorie, wonach sich die Ukraine zugunsten der US-Demokraten in die Präsidentschaftswahl 2016 eingemischt haben soll. Das Telefonat wurde durch die Beschwerde eines anonymen Geheimdienstmitarbeiters öffentlich.