Gauland gegen Özoguz: Das Volk und seine Hetzer
Einen Menschen "entsorgen" wollen, ist menschenverachtend. Es wäre gut, wenn AfD-Mann Alexander Gauland für seine Worte einen Schuldspruch kassierte. Ein Kommentar
Wer etwas sagt, das Bundeskanzlerin und Bundespräsident zur Widerrede veranlasst, muss ein Mensch von Bedeutung sein. Aktuell handelt es sich um um den AfD-Spitzenkandidaten und Brandenburger Landtagsabgeordneten Alexander Gauland. Die Integrationsbeauftragte des Bundes Aydan Özoguz hatte im Tagesspiegel davon gesprochen, eine spezifisch deutsche Kultur sei, jenseits der Sprache, „nicht identifizierbar“. Der Wahlkämpfer Gauland forderte daraufhin in einer Rede sein Publikum auf, die „Deutschtürkin“ nach Thüringen einzuladen. Man werde ihr die spezifisch deutsche Kultur erklären und sie danach in Anatolien entsorgen können.
Merkel nannte die Worte rassistisch und „absolut zu verurteilen“. Letzteres ist mit der Strafanzeige des früheren Bundesrichters Thomas Fischer nähergerückt. Fischer ist so etwas wie der Präzeptor des deutschen Strafrechts. Die Staatsanwälte, die nun über den Fall befinden müssen, haben seinen Jura-Standardkommentar auf dem Tisch. Wenn das keine Volksverhetzung sei, könne man den Tatbestand streichen, schreibt Fischer. Haben es alle verstanden?
Gauland musste widersprochen werden. Die Bundesregierung war in der Pflicht, Özoguz vor solchem Gebaren in Schutz zu nehmen. Ob es hilfreich ist, den Ausfall als rassistisch einzuordnen, wie Merkel es tat, ist dabei nicht immer klar. Rassismus ist, wie Sexismus, als vielfach verzweckter Begriff im politischen Streit diffus geworden. Mancher winkt schon ab, wenn er ihn nur hört. Ähnlich ist es bei dem Nazi-Vergleich, mit dem der Bundespräsident auf Gauland reagiert hat. Und es gilt auch für das Ritual der Strafanzeige, das auf abseitige Höckepetrygaulandreden zu folgen pflegt.
Man "darf" derartiges nicht sagen, unabhängig von Richtersprüchen
Womöglich rettet es Gauland vor dem Schuldspruch, dass er andere Absichten mit seiner Kritik verfolgte, als türkischstämmige Deutsche wirklich verprügeln und rechtswidrig außer Landes treiben zu lassen. Kommt es so, wäre es unglücklich. Denn dann würde sich der Eindruck festsetzen, man „dürfe“ Derartiges sagen. Nein, man darf es nicht. Völlig unabhängig davon, was Strafrichter meinen.
Gaulands Kritik an Özoguz Worten zielt auf die Person. Mit ihrem Subtext von Gewalt und der Anspielung, Frau Özoguz sei wie Müll zu behandeln, ist sie menschenverachtend. Schon gar nicht schickt es sich für einen Konservativen, für den Gauland sich hält, als Mann in dieser Form über eine Frau zu reden. Als einer, der sich einst auch durchdacht und kenntnisreich zu äußern vermochte, scheint der Politiker vom letzten guten Geist verlassen worden zu sein. Schade um die spezifisch deutsche Kultur, zu der es gehört, sich einigermaßen gesittet auseinanderzusetzen. Gauland hat sie verraten. Wenn Gauland wegen Volksverhetzung nicht belangt wird, kann man es ja mal mit Landesverrat versuchen.
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