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Im Luftschiffhangar des Flughafens Essen/Mülheim führt ein Rote Kreuz-Mitarbeiter im Drive-In-Testzentrum einen Corona-Schnelltest durch.
© Roland Weihrauch/dpa

Weg aus dem Lockdown?: Das können die Schnelltests leisten – und das nicht

Mit kostenlosen Corona-Schnelltests und Selbsttests für Laien will die Politik das Land zügig aus dem Lockdown bringen. Kann das Klappen? Der Faktencheck.

Sie sind die große Hoffnung für den Weg aus dem Lockdown: Professionelle Corona-Schnelltests, die bald allen kostenlos zur Verfügung stehen sollen. Hinzu kommen auch die Selbsttests für den Heimgebrauch oder an den Zugängen von Restaurants, Kinos, Sportevents und kulturellen Veranstaltungen.

Doch bekommen die Verwaltungen das gestemmt und reichen dafür die Kapazitäten? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:

1. Wie viele Schnelltests braucht es, um sicher lockern zu können?

Das ist nicht exakt quantifizierbar – entsprechend vorsichtig ist das Gesundheitsministerium mit Festlegungen. Ein flächendeckender Einsatz von Schnelltests könne den Grundstein für schrittweise Öffnungen bilden, heißt es dort.

In einem Ministeriumsentwurf für die Beratungen von Bund und Ländern am heutigen Mittwoch steht, dass entsprechend dokumentierte Testergebnisse dann „gegenüber Dritten, beispielsweise Behörden“, vorgelegt werden könnten.

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Dies gelte „zum Beispiel nach Einreise aus bestimmten Risikogebieten, beim Besuch einer Pflegeeinrichtung“, und es sei auch „denkbar als Voraussetzung zum Betreten bestimmter Einrichtungen“. Wo genau solche Testnachweise zum Einlass berechtigen könnten, lässt das Papier offen.

2. Ab wann werden kostenlose Tests angeboten und wie viele sind verfügbar?

Ursprünglich wollte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mit den sogenannten Point-of-Care(PoC)-Schnelltests bereits am 1. März beginnen. Die Kanzlerin pfiff ihn jedoch zurück, da sie die Pläne für unausgereift hielt. Seither gilt im Ministerium die Sprachregelung, dass es mit flächendeckenden Tests „im März“ losgehen soll.

Womöglich fällt die Entscheidung dazu heute bei den Bund-Länder-Beratungen. Spahn hat versprochen, jeder und jedem im Land zweimal pro Woche kostenlos einen solchen Test anzubieten. Bei der vorgesehenen Vergütung von 18 Euro pro Test und veranschlagten Gesamtkosten von 540 bis 810 Millionen Euro wäre aber, wenn alle mitmachen würden, pro Person nur alle zwei Monate ein Test drin.

3. Wie wird getestet?

Die PoC-Tests müssen durch geschultes Personal erfolgen, sie sind also zu unterscheiden von Schnelltests für den Heimgebrauch, die nun ebenfalls verstärkt auf den Markt kommen.

Abgenommen werden sollen sie in Testzentren, Arztpraxen oder auch Apotheken. Dazu kämen beauftragte „Dienstleister“ an Flughäfen, Bahnhöfen und Autobahnen, so ein Ministeriumssprecher. Zudem müssten in Schulen und Unternehmen künftig Selbsttests bereitgestellt werden.

4. Wer stellt sicher, dass nur verlässliche Tests zum Einsatz kommen?

Auch hier ist zwischen Tests durch geschultes Personal und Selbsttests zu unterscheiden. Die PoC-Tests müssen Mindestkriterien des Robert-Koch- und des Paul-Ehrlich-Instituts entsprechen. Sie haben etwa mindestens eine Sensitivität (Erkennung von Erkrankten als positiv) von 80 Prozent und eine Spezifität (Erkennung von Gesunden als negativ) von 97 Prozent aufzuweisen.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) listet mehr als 200 verschiedenen Tests auf, die laut Herstellerangaben diese Vorgaben erfüllen. Das Paul-Ehrlich-Institut prüft das stichprobenartig.

5. Wie ist es bei den Selbsttests?

Hier ist es komplizierter, denn die Hersteller müssen auch nachweisen, dass ihre Tests genauso wirksam sind, wenn sie von Laien angewendet werden. Geprüft wird das von Prüfstellen wie TÜV oder DEKRA.

Corona-Schnelltests liegen sollen eine schrittweise Lockerung des Lockdowns möglich machen.
Corona-Schnelltests liegen sollen eine schrittweise Lockerung des Lockdowns möglich machen.
© Hendrik Schmidt/dpa

Am Ende erhält das Produkt eine CE-Zertifizierung. Möglich sind unter bestimmten Voraussetzungen aber auch Sonderzulassungen durch das BfArM, was dann etwas flotter geht. Alle sechs inzwischen zugelassenen Selbsttests haben eine solche Sonderzulassung. Und laut BfArM wurde diese bereits von 50 weiteren Herstellern beantragt.

6. Was dürfen Getestete? Und wie haben sie sich bei positivem Befund zu verhalten?

Auch Selbsttests könnten als Voraussetzung zum Betreten von Restaurants, Theatern oder Kinos dienen, wenn sie „unter Aufsicht direkt vor Ort“ erfolgten, so das Ministerium. Bei positiven Tests rate man Betroffenen zu einem PCR-Labortest und häuslicher Quarantäne. Eine Verpflichtung dazu gibt es nicht, sie ließe sich auch kaum kontrollieren.

Bei Positiv-Tests durch Dritte soll immerhin gleich vor Ort eine weitere Probe zur PCR-Labortestung entnommen werden.

Die SPD-Expertin Hilde Mattheis hätte es gern deutlicher. Eigentests müssten „mit einer massiven Aufklärungskampagne begleitet werden“, sagte sie dem Tagesspiegel. Dabei müsse „klar kommuniziert werden, was zu tun ist, wenn der Selbsttest positiv ausfällt“. Und auch, dass ein Negativ-Test „alle anderen Maßnahmen nicht unnötig macht“.

7. Wann stehen die Laientests zur Verfügung – und werden sie reichen?

Einer der ersten, die in Deutschland in den Handel kommen, ist der von Technomed. Das Unternehmen mit Sitz in Graz ist eine von inzwischen sechs Firmen, die eine Sonderzulassung für ihre Selbsttests haben. Am Wochenende werde die erste Frachtmaschine mit drei Millionen in China hergestellten Testkits in Graz landen, sagt Firmenchef Moritz Bubik.

Danach träfen jede Woche 6,5 bis zehn Millionen weitere Tests für den deutschen Markt ein. Die Tests gingen dann an deutsche Discounter, Drogerien, Apotheken und den Großhandel. In Berlin sei mit den ersten Ende nächster Woche zu rechnen.

Die ebenfalls zugelassenen Selbsttests von Siemens Healthcare gehen zunächst an Großabnehmer, vor allem die Öffentliche Hand. So hat Berlin allein zwei Millionen Tests für die Schulen geordert. Man gehe davon aus, die Nachfrage bedienen zu können, so ein Sprecher. Über Liefervolumina äußere man sich aber nicht.

8. Wie sind die Apotheken in Berlin auf kostenlose Schnelltests vorbereitet?

Apotheken seien nicht verpflichtet, solche Tests anzubieten sagt Stefan Schmidt vom Berliner Apotheker-Verein. Manche täten es, viele aber nicht. Denn die Durchführung von Schnelltests erfordere hohen Aufwand.

So seien für die Abstriche getrennte Bereiche nötig, zudem brauche es dafür Personal. „Und vor allem müssen die Kunden unter Wahrung der Abstands- und Hygieneregeln irgendwo auf das Testergebnis warten können, was immerhin 15 bis 30 Minuten dauern kann.“

Schmidt erinnert an das anfängliche Chaos bei der Ausgabe kostenloser FFP2-Masken im Dezember, als es zu ungeplantem Andrang kam. Auch bei den Schnelltests könne derartiger Ansturm den Ablauf in Apotheken erheblich stören und damit die Arzneiversorgung gefährden.

Etwa jede zehnte der rund 800 Berliner Apotheken offeriere bereits Antigen-Schnelltests als Selbstzahlerleistung. „Die werden möglicherweise auch die kostenlosen Tests anbieten.“ Man werde dafür aber auch künftig nicht in jede beliebige Apotheke gehen können.

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