zum Hauptinhalt
Der türkische Präsident Erdogan war zuletzt auf Konfliktkurs mit der EU.
© Francois Lenoir/REUTERS

Sondergipfel in Brüssel: Darum streiten die EU und die Türkei

Beim Gipfeltreffen der 27 Staats- und Regierungschefs stehen am Donnerstag die Probleme mit Ankara ganz oben auf der Agenda. Worum geht es genau?

Weil es um die Beziehungen zwischen der EU und der Türkei so schlecht steht und es viel zu besprechen gibt, hat der ständige EU-Ratspräsident Charles Michel den ganzen Donnerstagabend für die Debatte darum reserviert. Die Staats- und Regierungschefs werden dann beim Sondergipfel eine Grundsatzdebatte führen.

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können]

Man hoffe bei der Gegenseite auf einen konstruktiven Dialog, heißt es von Michel im Einladungsschreiben. Aber: „Alle Optionen bleiben auf dem Tisch, um die legitimen Interessen der EU und ihrer Mitgliedstaaten zu verteidigen.“ Ob es Beschlüsse gibt, ist unsicher. Es könnte auch sein, dass Michel die Gespräche lediglich in einer persönlichen Erklärung zusammenfasst.

Die EU könnte der Türkei Unterstützung für den Fall signalisieren, dass Erdogan deeskaliert. Für den Fall, dass Erdogan weiter auf Konfrontationskurs bleibt, könnten schärfere Maßnahmen angedroht werden. Das sind die wichtigsten Streitthemen:

Der Flüchtlingsdeal

2016 haben sich Brüssel und Ankara geeinigt, bei der Abwehr der illegalen Migration über die Ägäis zusammenzuarbeiten. Die Türkei unterbindet das Ablegen der Schmugglerboote und bekommt rund sechs Milliarden Euro für die syrischen Bürgerkriegsflüchtlinge auf dem eigenen Territorium zugutekommen.

Die Bilanz nach vier Jahren ist positiv: Die illegale Migration ist drastisch gesunken, der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan droht zwar immer wieder damit, Flüchtlinge nach Europa zu schicken, im Großen und Ganzen hält er sich aber an seine Zusagen. Was nicht klappt, das ist die Rückführung von Migranten in die Türkei. Die EU hat wiederholt, dass sie an einer Weiterführung des Abkommens interessiert ist und wieder Geld dafür lockermachen würde.

Der Gasstreit

Seit Monaten eskaliert ein Streit zwischen Griechenland, Zypern auf der einen Seite und der Türkei auf der anderen Seite. Inzwischen haben sich die Spannungen etwas gelegt. Der Konflikt, dem langanhaltende Gebietsstreitigkeiten zwischen Ankara und Athen in der Ägäis zugrundeliegen, ist aber nicht beigelegt. Es geht um die Ausbeutung von Offshore- Gasfeldern im östlichen Mittelmeer.

Zypern hat bereits Verträge mit Israel und Ägypten abgeschlossen, auch eine Pipeline soll gebaut werden, die Gas über Kreta und Italien nach Europa bringt. Die Türkei hat ihrerseits Sonderwirtschaftszonen im Mittelmeer ausgewiesen, die griechische Territorialansprüche verletzen.

Wohin steuern die Beziehungen der EU und der Türkei? Der EU-Gipfel versucht, eine Antwort zu finden.
Wohin steuern die Beziehungen der EU und der Türkei? Der EU-Gipfel versucht, eine Antwort zu finden.
© via REUTERS/Presidential Press Office

Die Außenminister der EU haben sich eindeutig hinter Griechenland und Zypern gestellt. Sie haben die Erkundungen durch die Türken „illegale Bohrungen“ verurteilt und Sanktionen vorbereitet. Es gab ein vermittelndes Telefonat zwischen Erdogan, dem Michel und Angela Merkel in ihrer Rolle als derzeitige Ratspräsidentin. Griechenland ist bereit, den Streit vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag auszutragen.

Der Außenpolitik-Experte der Christdemokraten im Europa-Parlament, Michael Gahler, fordert die Türkei auf, die Initiative anzunehmen: „Wenn der Türkei an einer politischen Lösung interessiert ist, sollte sie unbedingt diese Möglichkeit ergreifen. “

Die Belarus-Sanktionen

Das EU-Land Zypern vermischt den Gasstreit mit der Belarus-Politik. Die Regierung will nur dann den EU-Sanktionen gegen Belarus zustimmen, wenn die anderen EU-Mitgliedstaaten Sanktionen gegen die Türkei zustimmen. Michel dürfte versuchen, Ministerpräsident Nikos Anastasiadis dazu zu bewegen, dieses Veto aufzugeben

Die Syrien-Politik

Die Türkei ist in Nord-Syrien einmarschiert. Die EU ist alarmiert und sieht mit Sorge, dass Präsident Erdogan syrische Kurden, die in die Türkei geflüchtet sind, gegen ihren Willen abschieben könnte auf syrisches Territorium. Abgesehen davon, dass die EU wie Ankara Syriens Machthaber Baschar al Assad ablehnt, sieht man in Brüssel die Gefahr, dass es in Syrien zu Konfrontationen mit Russland kommen könnte.

Zur Startseite