zum Hauptinhalt
Das türkische Forschungsschiff "Oruc Reis" ankert vor der Küste Antalyas im Mittelmeer.
© Ibrahim Laleli/DHA/AP/dpa
Update

Gaskonflikt im Mittelmeer: Athen und Ankara kehren zum Dialog zurück

Türkei und Griechenland wollen im Gasstreit wieder Sondierungsgespräche aufnehmen. Doch eine Lösung des Konflikts ist nicht in Sicht.

Europa und die Türkei haben sich in ihrem Streit um das östliche Mittelmeer eine Atempause verschafft, doch eine Lösung des Konflikts ist nicht in Sicht. Obwohl die Türkei und Griechenland nach einer vierjährigen Pause ihre Sondierungsgespräche wieder aufnehmen wollen, sind die Positionen der beiden Länder weiter unvereinbar.

Nach einer Videokonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel, dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und EU-Ratspräsident Charles Michel am Dienstag hatten die Türkei und Griechenland erklärt, sie wollten ihre 2016 abgebrochenen Direktgespräche über die gegensätzlichen Gebietsansprüche in der Ägäis und im Mittelmeer fortsetzen. Michel verlegte den für diese Woche vorgesehenen EU-Gipfel zur Türkei auf den 1. Oktober, weil er sich nach der Corona-Infektion eines Sicherheitsbeamten aus seiner Umgebung in Quarantäne begab.

[Wenn Sie alle aktuellen Entwicklungen zur Coronavirus-Krise live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere runderneuerte App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Die Verschiebung schafft Zeit für neue Verhandlungen zwischen den Spitzenpolitikern der beteiligten Länder. Ein Gespräch zwischen Erdogan und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron am Dienstagabend trug zur Entspannung bei. Am Mittwoch sprach Erdogans außerdem mit EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und anschließend mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. In beiden Gesprächen betonte Erdogan laut dem türkischen Präsidialamt die Gesprächsbereitschaft seines Landes und forderte Kompromisse der griechischen Seite.

Erdogans Berater hofft, dass sich der "gesunde Menschenverstand" durchsetzt

Dass die EU beim Gipfel kommende Woche die Forderung von Griechenland und Zypern nach Sanktionen gegen Ankara erfüllen wird, ist angesichts der geplanten neuen Verhandlungen zwischen Ankara und Athen unwahrscheinlich. Schon vor der Ankündigung der neuen Gespräche hatten sich einige EU-Länder wie Deutschland gegen Sanktionen ausgesprochen, weil sie auf eine Lösung auf dem Verhandlungsweg hoffen. Erdogan würde mit einem Verzicht der EU auf Strafmaßnahmen ein wichtiges Zwischenziel erreichen. Seine Regierung will Sanktionen der EU - der größten Handelspartnerin ihres Landes - vermeiden, weil die türkische Wirtschaft des Landes schon jetzt in einer tiefen Krise steckt.

[Die Coronavirus-Krise ist auch für die Politik eine historische Herausforderung. Jeden Morgen informieren wir Sie, liebe Leserinnen und Leser, in unserer Morgenlage über die politischen Entscheidungen, Nachrichten und Hintergründe. Zur kostenlosen Anmeldung geht es hier.]

Erdogans außenpolitischer Berater Ibrahim Kalin sagte deutschen Journalisten in Ankara, er hoffe darauf, dass sich im Mittelmeerstreit der „gesunde Menschenverstand“ durchsetze. Die Türkei sei zu Verhandlungen bereit. Erdogan werde möglicherweise schon bald mit dem griechischen Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis sprechen, sagte Kalin.

Rasche Fortschritte sind dabei jedoch nicht zu erwarten. Die Türkei und Griechenland hatten zwischen 2002 und 2016 in insgesamt 60 Verhandlungsrunden vergeblich versucht, ihre Differenzen bei der Grenzziehung zwischen dem türkischen Festland und den griechischen Inseln in Ägäis und Mittelmeer beizulegen.

Zur Startseite