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Liviu Dragnea ist der sozialdemokratische Wahlsieger in Rumänien - aber seine Partei ist sich nicht einig, ob er auch Ministerpräsident werden soll. Ihm werden frühere Wahlmanipulationen vorgeworfen.
© Robert Ghement/dpa

Parlamentswahlen: Comeback der Sozialdemokraten in Rumänien

In Rumänien zeichnet sich bei der Parlamentswahl nach Umfragen und Prognosen nach Schließung der Wahllokale ein Sieg der sozialdemokratischen Partei PSD ab.

Bei der Parlamentswahl in Rumänien liegen die Sozialdemokraten (PSD) laut Umfragen von Meinungsforschungsinstituten in Führung. Demnach kommen sie auf 42,3 bis 45,8 Prozent der Stimmen. Auf Platz zwei landet die Mitte-Rechts-Partei PNL mit 19,2 bis 22 Prozent. Die Umfragen wurden nach Schließung der Wahllokale veröffentlicht.

Mit ersten Hochrechnungen nach Auszählung von Stimmzetteln wurde in der Nacht zum Montag gerechnet. Der PSD-Vorsitzende Liviu Dragnea äußerte sich am Sonntagabend zuversichtlich, dass es zu einer Regierungskoalition zwischen seiner Partei und der kleinen liberalen Partei ALDE kommen werde. ALDE kommt den Umfragen zufolge auf 5,5 bis 6,0 Prozent.

Bereits vor der Wahl war damit gerechnet worden, dass die PSD wieder stärkste Kraft im Parlament werden würde. Allerdings galt es als fraglich, ob die PSD ihren Vorsitzenden Dragnea zum Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten vorschlagen wird, zumal dieser wegen Wahlmanipulationen vorbestraft ist. Dragnea selbst deutete am Sonntagabend an, dass er auf seine Nominierung bestehen werde: „Ich bin nicht geneigt, diese Wählerstimmen (für die PSD) jemandem zu schenken“, sagte er.

Viele Politiker sind in Korruption und andere Delikte verstrickt

Als Ersatzkandidat anstelle von Dragnea wird der frühere langjährige PSD-Politiker Vasile Dincu gehandelt. Der 55-jährige Soziologe, derzeit als Parteiloser der Minister für Regionalentwicklung, gilt als einer der wenigen von Skandalen unbelasteten Intellektuellen, die der PSD nahestehen.

Knapp 19 Millionen Wahlberechtigte waren in Rumänien aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Ein Großteil der Parteien in Rumänien agiert populistisch.

Gegner der PSD befürchten, dass eine von dieser Partei kontrollierte Regierung die bisher von der EU gelobte Arbeit der Justiz im Kampf gegen Korruption behindern werde. Mitentscheidend bei der Regierungsbildung ist Staatspräsident Klaus Iohannis. Er hatte bereits im Vorfeld erklärt, dass er keinen Regierungschef nominieren werde, der Probleme mit der Justiz habe.

In Rumänien darf nur der Staatschef dem Parlament einen Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten vorschlagen. Dabei ist er laut Verfassung lediglich dazu verpflichtet zu beachten, ob der Kandidat Chancen hat, eine mehrheitsfähige Regierung zu bilden - auch durch Koalitionen.

Grüne könnten überraschend drittstärkste Partei werden

Einen überraschenden Achtungserfolg erzielte laut Umfragen die neue Protestpartei "Union rettet Rumänien" (USR) mit 8,5 bis 10,0 Prozent der Stimmen. Sie dürfte damit Rumäniens drittstärkste Partei werden. Die USR war erst vor einem halben Jahr als Zusammenschluss junger Aktivisten aus der Privatwirtschaft und dem NGO-Bereich gegründet worden und ist vor allem bei jungen Intellektuellen beliebt. Sie gilt als junge Konkurrenz, aber auch als wahrscheinlicher Verbündeter der bürgerlichen PNL.

Die Partei der ungarischen Minderheit, UDMR, kommt den Wählerbefragungen zufolge mit 6,0 bis 6,4 Prozent erneut ins Parlament. Welche der Großparteien UDMR unterstützen wird, war offen. UDMR war während der letzten 20 Jahre abwechselnd Partner der Bürgerlichen und der Sozialisten.

Bis vor einem Jahr hatten die Sozialdemokraten regiert

Die Sozialdemokraten von der PSD hatten vor rund einem Jahr die Regierung infolge von Massenprotesten nach einem verheerenden Brand in einer Diskothek in Bukarest abgeben müssen. Im November 2015 waren Ministerpräsident Victor Ponta und seine sozialdemokratisch geführte Regierung im Zuge von Massenprotesten und Korruptionsvorwürfen zurückgetreten. Bei dem Brand waren 64 Menschen ums Leben gekommen - die Demonstranten prangerten Korruption als Ursache der Katastrophe an.

Seitdem amtiert in Rumänien eine Regierung von Fachleuten unter Vorsitz des ehemaligen EU-Landwirtschaftskommissars Dacian Ciolos. PNL und USR traten für Ciolos' Verbleib als Regierungschef ein.

Offizielle Ergebnisse der Wahl werden erst am Montag erwartet.

(dpa/AFP)

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