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Muharrem Ince tritt für die CHP als Präsidentschaftskandidat in der Türkei an.
© AFP/Adem Altan

Parlaments- und Präsidentenwahl in der Türkei: CHP stellt Muharrem Ince gegen Erdogan auf

Die größte Oppositionspartei in der Türkei, die CHP, hat den langjährigen Abgeordneten Muharrem Ince als Präsidentschaftskandidaten nominiert. Insgesamt hat die Opposition nun fünf Kandidaten aufgestellt.

Die türkische Oppositionspartei CHP schickt Muharrem Ince ins Rennen gegen Präsident Recep Tayyip Erdogan. Der Abgeordnete aus Yalova wurde am Freitagmorgen von der CHP-Fraktion als Kandidat für die Präsidentschaftswahl am 24. Juni nominiert, wie der CHP-Vorsitzende Kemal Kilicdaroglu bei einer Kundgebung in einer Sporthalle in Ankara verkündete. Der frühere CHP-Fraktionsvize gilt als guter Redner und scharfer Kritiker Erdogans.

Ince sagte vor jubelnden Anhängern, er wolle kein Präsident der CHP, sondern aller Menschen in der Türkei sein. In einem symbolischen Schritt ersetzte der 54-Jährige das Parteiabzeichen, das er an seinem Revers trug, mit einem Anstecker mit der türkischen Flagge.

CHP-Anhänger bei dem Nominierungsparteitag skandierten „Präsident Ince“ und buhten Erdogan aus. CHP-Chef Kemal Kilicdaroglu kritisierte, unter Erdogan sei die Gewaltenteilung abgeschafft worden. Die Pressefreiheit sei am Ende, die Demokratie in Gefahr.

Die Opposition befürchtet eine Ein-Mann-Herrschaft, sollte Erdogan die Wahl gewinnen. Mit der zeitgleichen Parlaments- und Präsidentenwahl am 24. Juni soll der Umbau zu dem von Erdogan angestrebten Präsidialsystem abgeschlossen werden. Der Präsident ist dann Staats- und Regierungschef.

CNN Türk berichtete, die Abgeordneten der CHP hätten sich einstimmig für Ince als Kandidaten ausgesprochen, der dem Parlament in Ankara seit 2002 angehört. Ince - der am Freitag seinen 54. Geburtstag feierte - hatte im Februar versucht, Kilicdaroglu als Parteivorsitzenden abzulösen, war aber gescheitert.

Fünf Kandidaten gegen Erdogan

Er ist nicht der Einzige Gegenkandidat zu Erdogan. Auch der Kurdenpolitiker Selahattin Demirtas will sich aus dem Gefängnis heraus für die HDP zur Wahl stellen. Insgesamt schickt die Opposition fünf Kandidaten ins Rennen gegen den islamisch-konservativen Amtsinhaber.

Die kleine linksnationalistische Vatan-Partei schickt ihren Chef Dogu Pirencek ins Rennen. Für die kleine proislamische Saadet-Partei tritt ihr Vorsitzender Temel Karamollaoglu an, nachdem es ihm nicht gelungen war, Ex-Präsident Abdullah Gül als Kandidaten zu gewinnen. Saadet steht in der politischen Tradition der Milli Görüs Bewegung von Necmettin Erbakan und ist ein Gegner der Westbindung der Türkei.

Bei einer Stichwahl, könnte die Opposition sich noch hinter einen Kandidaten stellen

Zur Wahl steht außerdem Meral Aksener. Die frühere Innenministerin hatte die ultrarechte MHP 2016 im Streit verlassen und im vergangenen Oktober mit anderen Dissidenten die IYI-Partei (Gute Partei) gegründet. Im Fall ihrer Wahl will Aksener den Wechsel zum Präsidialsystem rückgängig machen und inhaftierte Journalisten freilassen. Der 61-Jährigen wird zugetraut, Stimmen nationalistischer Wähler aus verschiedenen Lagern zu gewinnen.

Für die meisten Kurden ist die nationalistische Hardlinerin dagegen nicht wählbar, da sie die Kurden bis heute nicht als eigenständige Volksgruppe anerkennt. Im Ausland wird Aksener oft mit der französischen Rechtspopulistin Marine Le Pen verglichen. Zwar ist sie mit anderen Oppositionsparteien ein Wahlbündnis eingegangen, hat es aber abgelehnt, Ex-Präsident Gül als gemeinsamen Kandidaten aufzustellen.

Trotz intensiver Gespräche war es den Parteien nicht gelungen, sich auf einen gemeinsamen Kandidaten zu einigen. Sollte Erdogan aber in der ersten Wahlrunde keine absolute Mehrheit erhalten, könnte sich die Opposition in der Stichwahl noch hinter dem stärksten Gegenkandidaten zusammenschließen. (dpa, AFP, Tsp)

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