EU-Referendum in Großbritannien: Cameron will Vertragsänderung
Beim Poker um eine Reform der Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU beharrt Regierungschef David Cameron auf eine Änderung der EU-Verträge. Dies lässt er zum Auftakt seiner Werbetour durch Europa über seinen Außenminister Philip Hammond wissen.
Die Franzosen haben ihre eigenen Erfahrungen mit Referenden. An diesem Freitag jährt sich zum zehnten Mal der Tag, an dem die damals geplante EU-Verfassung bei einer Volksabstimmung in Frankreich scheiterte. Zu denen, die sich damals für eine Ablehnung der Verfassung einsetzten, gehörte der frühere Premierminister Laurent Fabius. Der Sozialist wollte seinerzeit verhindern, dass weitere politische Kompetenzen von Paris nach Brüssel wandern. Damals hat sich Fabius über das „Nein“ der Franzosen gefreut. Heute ist Fabius Außenminister, und er würde es gern sehen, wenn die Briten demnächst „Ja“ zur EU sagen würde. „Wir wollen, dass Großbritannien in der EU bleibt“, sagte Fabius in einem Radiointerview vor einem Besuch des britischen Regierungschefs David Cameron am Donnerstag in Paris.
Cameron startete am Donnerstag eine Europa-Tour, bei der er bis zum nächsten EU-Gipfel im Juni sämtliche Hauptstädte in der Europäischen Union abklappern will. Der Chef der Tories möchte ausloten, ob er bei der gewünschten Neuordnung der Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU auf Unterstützung bauen kann. Nach den ersten Stationen in Den Haag und Paris will Cameron an diesem Freitag seine Rundreise in Warschau und anschließend bei Kanzlerin Angela Merkel in Berlin fortsetzen.
Camerons ausgiebiges Diplomatie-Programm hat seinen Grund: Für den britischen Regierungschef ist die Vorbereitung des EU-Referendums, das vor Ende 2017 stattfinden soll, das zentrale Projekt seiner neuen Amtszeit nach der Wiederwahl zu Beginn des Monats. Anders als bei dem französischen Referendum über die EU-Verfassung vor zehn Jahren geht es allerdings nicht um eine mögliche Weiterentwicklung der EU. Im Gegenteil: Cameron möchte Kompetenzen von Brüssel nach London zurückholen.
Frankreichs Außenminister Fabius warnt vor "Demontage" der EU
Was Frankreichs Staatschef François Hollande und Merkel davon halten, wurde in diesen Tagen deutlich, als die Zeitung „Le Monde“ über ein gemeinsames deutsch-französisches Positionspapier berichtete. Anders als Großbritannien, das nicht zur Währungsunion gehört, streben Berlin und Paris demnach eine engere Zusammenarbeit in der Wirtschafts-, Sozial- und Steuerpolitik in der Euro-Zone an.
Während Deutschland und Frankreich eine derartige Vertiefung der Währungsunion ohne eine Änderung der EU-Verträge anstreben, möchte Cameron sehr wohl das Vertragswerk aufschnüren – allerdings unter umgekehrten Vorzeichen. Der Regierungschef will auf diesem Weg Änderungen bei der Arbeitnehmerfreizügigkeit durchsetzen und unter anderem Einwanderer aus der EU vier Jahre lang von bestimmten Sozialleistungen ausschließen. Der britische Außenminister Philip Hammond erklärte am Donnerstag, dass die britischen Wähler beim Referendum für einen Ausstieg aus der EU votieren würden, wenn der Großteil von Camerons Änderungswünschen unerfüllt bleibe – eine kaum verhüllte Drohung.
Entsprechend frostig wurde Cameron am Donnerstag in Paris empfangen. Frankreich könne einer „Demontage“ der EU nicht zustimmen, erklärte Fabius. Er griff zu einer Metapher, die auf beiden Seiten der Ärmelkanals gut verstanden werden dürfte. Der Sozialist erläuterte, dass die britische EU-Mitgliedschaft mit der Aufnahme in einen Fußballverein vergleichbar sei. Und da könne man ja auch nicht „mitten im Spiel sagen: Jetzt spielen wir Rugby“.