Deutscher Ebola-Einsatz: Bundeswehr und Rotes Kreuz suchen medizinisches Fachpersonal
Das Deutsche Rote Kreuz soll eine Ebola-Station in Sierra Leone erweitern. Die Bundeswehr kämpft sich durch mehr als 4500 Bewerbungen. Und die Zahl der Ebola-Toten in Westafrika ist nach WHO-Angabne auf 2917 gestiegen.
Während die Zahl der Ebola-Toten in den drei westafrikanischen Staaten Liberia, Sierra Leone und Guinea unaufhaltsam weiter wächst, bereiten sich die Bundeswehr und das Deutsche Rote Kreuz auf ihren Einsatz im Krisengebiet vor. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) meldete am Donnerstag 2917 bestätigte Ebola-Tote in Westafrika. In Liberia allein starben mindestens 1677 Menschen an der tödliche Viruserkrankung.
Die Bundeswehr wird seit dem Aufruf von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) Anfang der Woche, sich freiwillig zu melden, von Interessenten überrannt. Allein per E-Mail haben mehr als 1000 Menschen ihre Dienste angeboten, „inzwischen sind es rund 4500 Bewerbungen“, sagte die Sprecherin Sanitätsdienst der Bundeswehr, Angelika Niggemeier-Groben, dem Tagesspiegel. Derzeit würden Bewerbungen ausgewertet, angesichts der stetig wachsenden Zahl der Bewerbungen kommen die Planer bei der Bundeswehr allerdings kaum hinterher.
Der Sanitätsdienst der Bundeswehr wird bei nahezu jedem Auslandseinsatz gebraucht. Die meisten Profis der Armee sind „durch Einsätze gebunden“, sagt die Sprecherin. Sie betonte, dass eine Entsendung nach Westafrika „auf absolut freiwilliger Basis“ erfolge, niemand werde „befohlen“, solange es kein Einsatzmandat des Bundestags oder der Vereinten Nationen gebe. Das könne sich angesichts der noch immer steigenden Fallzahlen in Westafrika allerdings noch ändern.
Bundeswehr und Rotes Kreuz suchen qualifiziertes Personal
Auch das Deutsche Rote Kreuz (DRK) sucht medizinisches Fachpersonal – Ärzte, Hebammen, Pflegepersonal, Pharmazeuten, Labortechniker, Physiotherapeuten. Allein für den Betrieb einer Krankenstation in der Provinz Kenema in Sierra Leone mit etwa 50 Betten sowie den Betrieb eines mobilen Krankenhauses voraussichtlich in Liberia rechnet das DRK mit 170 Ärzten und Krankenpflegern. Die Freiwilligen sollen nach vier bis sechs Wochen ausgetauscht werden, was bedeutet, dass rund 500 Fachkräfte gesucht werden. Zumal sie von ihren Arbeitgebern mindestens für acht Wochen freigestellt werden müssten, um vier Wochen vor Ort zu helfen. Denn sie dürfen nach ihrer Rückkehr vier Wochen lang keine Patienten behandeln.
Eine mit der Vorbereitung vertraute Person sagt: „Das ist nicht Weltwärts.“ Mit dem Weltwärts-Programm bezahlt das Entwicklungsministerium Ein-Jahres-Aufenthalte junger Leute in Entwicklungsländern. Es sei „ehrenwert“, wenn sich Leute bewerben, „die Zeit haben, und helfen wollen“, sagte ein Planer. „Aber die suchen wir für diesen Einsatz nicht.“
Bundeswehr und DRK müssen nicht nur klären, wer überhaupt für einen Einsatz geeignet wäre, und wie jemand, der sich trotz aller Vorsicht doch infiziert, zurück geholt werden kann. Sie müssen auch Versicherungsfragen klären, einschließlich möglicher Regressansprüche von Angehörigen, wenn ein Ebola-Kranker stirbt. Damit beschäftigt sich derzeit die Rechtsabteilung der Bundeswehr. Allerdings tut man keinem der drei betroffenen Länder Unrecht, wenn man annimmt, dass die dortige Justiz solche Fälle bestimmt nicht verfolgen wird. Nach dramatischen und langwierigen Bürgerkriegen sind die Justizsysteme aller drei Länder kaum existent.
Das DRK erweitert in Sierra Leone eine Ebola-Station
Das DRK will in Sierra Leone eine bestehende Ebola-Station, die vom Internationalen Roten Kreuz betrieben wird, ergänzen. Die Station in Kenema hat erst am Montag ihren Betrieb aufgenommen, berichtet Franz Möstl, der für die Welthungerhilfe als Agrarberater in der Region arbeitet, derzeit aber vor allem Haushalte unter Quarantäne mit Lebensmitteln versorgt. Der Bedarf in Sierra Leone wird damit noch nicht gedeckt sein. Bisher sind dort 597 Menschen an Ebola gestorben, das Land verfügt über 323 Behandlungsplätze, weitere 297 sind nach WHO-Angaben im Aufbau. Benötigt würden weitere 532. In Kenema, berichtet Möstl, habe sich die Krankheit deshalb so dramatisch ausgebreitet, weil es dort ein Distriktkrankenhaus und ein Referenzlabor für eine verwandte Viruserkrankung, das Lassa- Fieber, gegeben habe. Die Kranken seien zu Beginn nach Kenema gebracht worden – und brachten die Krankheit mit.
In Liberia soll das mobile Krankenhaus allen helfen
In wenigen Tagen will das DRK ein Vorauskommando in die liberianische Hauptstadt Monrovia schicken. Dort soll eine mobile 300-Betten-Klinik aufgebaut werden, die wohl vom DRK und der Bundeswehr gemeinsam betrieben werden soll. Diese soll ausdrücklich die Gesundheitsversorgung für alle unterstützen. Denn in Liberia gibt es nicht nur die meisten Ebola-Toten des aktuellen Ausbruchs. Es sterben auch viele Menschen an zum Teil trivialen behandelbaren Krankheiten wie Durchfall, oder Mütter sterben bei der Geburt ihrer Kinder, weil sie keine Hilfe mehr finden können. In Liberia ist aber auch die Lage der Ebola-Kranken besonders verzweifelt. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen muss täglich Kranke abweisen, obwohl sie an der gefährlichen ansteckenden Krankheit leiden, "weil die Kapazitäten einfach nicht da sind", sagt eine Sprecherin der Ärzte. Die WHO hat ermittelt, dass es in Liberia aktuell 315 Behandlungsplätze für Ebola-Kranke gibt. 440 Betten seien im Aufbau. Benötigt würden aber 1550 Betten, um die Epidemie in den Griff zu bekommen.
Ex-Bundespräsident Köhler bittet um ein differenzierteres Afrikabild.
Der frühere Bundespräsident Horst Köhler hat derweil die Reaktion auf die Epidemie heftig kritisiert. Die Hilfe der Weltgemeinschaft für die Ebola-Kranken in Westafrika sei zu spät gekommen und habe eine exponentielle Ausbreitung begünstigt, bemängelte der Altbundespräsident in der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“. Gleichzeitig plädierte Köhler für ein differenzierteres Afrikabild und eine realistische Einsätzung der Gefahr. Es sei nicht so, dass eine Ansteckungsgefahr von dem ganzen Kontinent ausgehe: „Da vermischt sich die Furcht vor einer Pandemie mit tief sitzender Angst vor dem Fremden.“
In Sierra Leone sitzen nun 1,2 Millionen Menschen fest
Sierra Leone hat am Donnerstag wegen des Ebola-Ausbruchs rund 1,2 Millionen Einwohner in drei weiteren Provinzen des Landes unter Quarantäne gestellt. Reisen in und durch diese Gebiete seien nur noch eingeschränkt möglich, sagte der Präsident von Sierra Leone, Ernest Bai Koroma. (mit epd)
Dagmar Dehmer