Neue Rüge für Deutschland: Bundestag tut zu wenig gegen Abgeordnetenbestechung
Seit Jahren setzt der Bundestag Empfehlungen zur Prävention von Abgeordnetenbestechung nicht um. Das bringt Deutschland wieder eine Rüge des Europarats ein.
Der Bundestag hat jahrelang Empfehlungen internationaler Experten zur Verhinderung von Abgeordnetenbestechung nicht umgesetzt. Zu diesem Ergebnis kommt die Staatengruppe gegen Korruption (GRECO) in einem neuen Bericht, der dem Tagesspiegel vorliegt. Darin heißt es, der Stand der Umsetzung in Deutschland sei „allgemein unbefriedigend“. Bereits vor zwei Jahren hatte GRECO Deutschland eine solche Rüge erteilt, seitdem haben die Experten kaum Fortschritte festgestellt.
Die 1999 gegründete Staatengruppe, der Deutschland angehört, soll die Einhaltung der vom Europarat aufgestellten Standards im Kampf gegen Korruption überwachen. Um dieses Ziel zu erreichen, wird jedes Mitgliedsland von Vertretern aus anderen GRECO-Staaten überprüft. Stellen die Korruptionsexperten Defizite fest, sprechen sie Empfehlungen aus. In einem zweiten Schritt überprüft GRECO, ob die Reformvorschläge aufgegriffen wurden. Ist das nicht der Fall, wird dies bemängelt.
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Vor sieben Jahren sahen die GRECO-Experten in Deutschland Nachholbedarf bei der „Korruptionsprävention in Bezug auf Abgeordnete, Richter und Staatsanwälte“. Doch bis heute wurden von acht Empfehlungen fünf gar nicht oder nur in Teilen umgesetzt, wie aus dem neuen Zwischenbericht von GRECO hervorgeht. Vier dieser fünf Baustellen liegen in der Verantwortung des Bundestages.
Mängel bei der Kontrolle und Durchsetzung der Regeln
Die Korruptionsexperten empfahlen, Abgeordnete des Bundestages zu einer sofortigen Offenlegung von Interessenkonflikten zu verpflichten, falls ein solcher Konflikt bei einem im Plenum oder in einem Ausschuss behandelten Thema auftritt. Die Erklärung der Abgeordneten über ihre Nebentätigkeiten reicht aus Sicht der Experten dafür nicht aus. Außerdem müssten die Parlamentarier für solche ethischen Fragen Richtlinien sowie die Möglichkeit zu vertraulicher Beratung erhalten. Diese Empfehlung ist bis heute nicht einmal ansatzweise umgesetzt.
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Gravierende Mängel sehen die GRECO-Experten nach wie vor auch bei der Kontrolle und Durchsetzung der Regeln für Abgeordnete. Der Bundestag hatte nach der Kritik von GRECO die Zahl der Mitarbeiter in der Verwaltung, die mit der Einhaltung der Verhaltensregeln befasst sind, erhöht – allerdings nur von zwei auf drei. Auch die Entscheidung des Parlaments, die Möglichkeiten für die Verhängung von Ordnungsgeldern bei Verstößen gegen die Verhaltensregeln auszuweiten, geht den Experten nicht weit genug.
Denn schon in ihrem ersten Bericht hatten sie grundsätzlich in Frage gestellt, „ob sich die Bundestagsverwaltung nicht in zu großer Nähe zur Macht befindet, als dass sie Abgeordnete wirksam kontrollieren und notfalls kritisieren könnte“ und ob nicht eine unabhängige Kommission diese Aufgaben besser übernehmen solle. In dem neuen Zwischenbericht betonen die Experten, sie hätten sich in diesem Bereich umfassendere Maßnahmen gewünscht, um die effektive Kontrolle und Durchsetzung der Regeln für Abgeordnete zu gewährleisten.
Fortschritte bei Lobbyregister und Regeln für Nebentätigkeiten
In zwei Bereichen, die von den Korruptionsexperten bemängelt wurden, hat der Bundestag inzwischen umfassende Änderungen auf den Weg gebracht: Unter dem Eindruck der Affäre um den CDU-Abgeordneten Philipp Amthor hatte das Parlament im März ein Lobbyregister beschlossen. Diese Gesetzesinitiative wurde in dem Bericht lobend erwähnt, konnte aber für das Gesamturteil nicht mehr berücksichtigt werden, da das Gesetz erst nach der Fertigstellung des Berichts beschlossen wurde.
Bewegung gibt es nach Jahren nun auch bei der von GRECO erhobenen Forderung, die Anzeigepflichten für Abgeordnete auszuweiten und beispielsweise den Grenzwert für die Offenlegung bei Unternehmensbeteiligungen zu senken. Die große Koalition hat sich nach langem Zögern auf schärfere Regeln für Nebentätigkeiten von Parlamentariern verständigt.
Künftig sollen Abgeordnete ihre Einkünfte neben dem Mandat auf den Betrag genau angeben und Firmenbeteiligungen bereits ab einem Anteil von fünf Prozent (statt bisher 25) offenlegen. Entsprechende Änderungen des Abgeordnetengesetzes sollen noch in dieser Legislaturperiode beschlossen werden.
Allerdings sind in diesem Gesetzentwurf weder die themenbezogene Offenlegung von Interessenkonflikten noch eine effektivere Kontrolle und Durchsetzung der Bestimmungen geregelt.
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