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Ein Luftbild dokumentiert Abholzungen im Regenwald in Brasilien.
© CARL DE SOUZA / AFP
Exklusiv

Regenwald-Rodung: Bundesregierung legt Brasilien-Projekt auf Eis

Im Juli soll in Brasilien eine Regenwald-Fläche mehr als doppelt so groß wie Berlin verschwunden sein. Deutschland friert nun Fördergelder ein.

Die Bundesregierung will dem starken Anstieg der Regenwald-Rodung im Amazonas-Gebiet nicht länger tatenlos zusehen. Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) hat entschieden, die finanzielle Förderung von Wald- und Biodiversitätsschutzprojekten in Brasilien zu stoppen. Dabei geht es als erster Schritt um einen Betrag von rund 35 Millionen Euro. „Die Politik der brasilianischen Regierung im Amazonas lässt Zweifel aufkommen, ob eine konsequente Reduzierung der Entwaldungsraten noch verfolgt wird“, sagte Schulze dem Tagesspiegel. Erst wenn darüber wieder Klarheit herrsche, könne die Projektzusammenarbeit fortgeführt werden.

Aus der internationalen Klimaschutzinitiative des Ministeriums wurden in der Vergangenheit erhebliche finanzielle Mittel für Projekte in Brasilien bereitgestellt. Von 2008 bis zum vergangenen Jahr flossen nach Angaben des Ministeriums rund 95 Millionen Euro. Die Regierung des rechten Präsidenten Jair Bolsonaro bekennt sich zwar zum Ziel des Pariser Klimaabkommens, die illegale Abholzung im Regenwald bis 2030 auf null zurückzufahren und eine massive Wiederaufforstung zu starten, aber die Realität sieht anders aus. Einer der größten Unterstützer Bolsonaros ist die Agrarlobby.

Die Amazonasregion wird großflächig zum Anbau von Soja für Tierfutter und für die Rinderzucht genutzt. Rund 17 Prozent des Regenwaldes sind in den letzten 50 Jahren verschwunden, Forscher warnen, eine Marke von 20 bis 25 Prozent Verlust könnte zum Kippen der grünen Lunge der Erde führen – dann droht sich die Region in eine riesige Savanne zu verwandeln.

Nach ersten Trends könnte im Juli die Abholzung um bis zu 278 Prozent im Vergleich zum Juli 2018 gestiegen sein. Es gibt Hinweise, dass bis zu 2255 weitere Quadratkilometer Wald verschwunden sein könnten, haben Satellitenaufnahmen des Instituto Nacional de Pesquisas Espaciais (INPE) ermittelt – mehr als die 2,5-fache Größe Berlins in einem Monat. Womöglich werden künftig die Zahlen und Schätzungen nicht mehr so transparent veröffentlicht: Bolsonaro lässt den INPE-Chef durch einen linientreuen Militär ersetzen.

Deutschland hat aber bereits 55 Millionen Euro in den sogenannten Amazonasfonds einbezahlt, mit dem Brasilien von einer Abholzung abgehalten werden sollte. Seit Einrichtung des Fonds 2008, der vor allem dank Zahlungen aus Norwegen mit über einer Milliarde Euro gefüllt wurde, gingen die Abholzungs- und Rodungszahlen zeitweise auch stark zurück. Unter Bolsonaro gibt es nun eine Trendwende, er verbittet sich aber eine Einmischung in „innere Angelegenheiten Brasiliens“. Aus Sicht des Bundesumweltministeriums muss auch die Beteiligung Deutschlands am Amazonasfonds überprüft werden.

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