Weg für Ende der Beschränkungen ist frei: Bundesrat billigt beschlossenes Corona-Gesetz der Ampel-Koalition
Das neue Corona-Gesetz lässt viele Lockerungen zu. Wie weit sie gehen und wo schärfere Regeln gelten sollen, müssen die Länderparlamente entscheiden.
Ungeachtet immer neuer Höchststände bei den Infektionszahlen ist der Weg für ein Ende der meisten bundesweiten Corona-Beschränkungen in Deutschland frei. Welche Corona-Regeln in welchen Regionen gelten, entscheiden künftig die Länderparlamente. Der Bundestag beschloss am Freitag in Berlin Änderungen im Infektionsschutzgesetz, die die Ampel-Fraktionen SPD, Grüne und FDP eingebracht hatten. Die Opposition lehnte das Gesetz ab. Die bisherigen Corona-Regeln laufen an diesem Samstag aus. Anschließend billigte der Bundesrat das Gesetz.
Kritik aus den Reihen der Ampel
Für die Vorlage der Regierung stimmten 388 Abgeordnete, 277 waren dagegen, es gab zwei Enthaltungen. Die abschließende Debatte war geprägt von Kritik an den neuen Regeln, die auch aus den Reihen der Ampel-Fraktionen kam. Die stellvertretende Vorsitzende des Gesundheitsausschusses Kirsten Kappert-Gonther (Grüne) sagte, es wäre besser gewesen, die Maskenpflicht flächendeckend beizubehalten. Ihre Fraktion stimme dem Gesetz dennoch zu, weil andernfalls alle geltenden Regeln ausgelaufen wären.
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In Hotspots sind schärfere Regeln möglich
Auf der neuen Rechtsgrundlage können die Länderparlamente Basisschutzmaßnahmen beschließen und außerdem für sogenannte Hotspots schärfere Auflagen machen, indem sie eine erweiterte Maskenpflicht, Abstands- und Hygieneregeln sowie 2G- oder 3G-Nachweise vorschreiben. Voraussetzung ist die Ausbreitung einer neuen, gefährlichen Virusvariante in einer Region oder die drohende Überlastung des Gesundheitswesens durch hohe Infektionszahlen. Die Auflagen, die nach der neuen Rechtsgrundlage beschlossen werden, können bis längstens zum 23. September in Kraft bleiben.
Die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Christine Aschenberg-Dugnus, sagte, die neuen Regeln seien „ein wichtiger Schritt in Richtung Normalität“. Sie sicherten zugleich die Handlungsfähigkeit der Bundesländer. „Selbstverständlich ist die Pandemie nicht vorbei“, sagte Aschenberg-Dugnus. Es sei aber ein Unterschied, ob sich junge oder alte Menschen infizierten, und diesen Unterschied müsse man auch bei den Regeln machen. Während die Maskenpflicht in Schulen und Kindergärten fällt, soll sie in Altenheimen und Kliniken weiter gelten.
Lauterbach verteidigt den Kompromiss
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verteidigte den Kompromiss. In der gegenwärtigen Phase der Pandemie „können wir nicht weiter das ganze Land unter Schutz stellen.“ Andererseits sei Deutschland „nicht an dem Punkt, wo es schon einen Freedom Day geben könnte“, erklärte Lauterbach mit Blick auf die Infektionszahlen. Diese hatten am Freitag mit knapp 298.000 Infektionen binnen 24 Stunden einen neuen Höchststand. Einen Freedom Day, an dem alle Regeln fallen, „können wir nur erreichen, indem wir die Impfpflicht beschließen“, sagte der Gesundheitsminister, der für eine Impfpflicht ab 18 Jahren eintritt.
CDU ortet „Wirrwarr“
Die Union warf der Ampel-Koalition vor, für neue Probleme beim Infektionsschutz zu sorgen. Der gesundheitspolitische Sprecher Tino Sorgen (CDU) sprach von einem „Wirrwarr“ und verwies auf die gleichlautende Kritik aus den Bundesländern. Das Gesetz sei handwerklich schlecht gemacht und ohne Beteiligung der Länder zustande gekommen, die es aber umsetzen müssten, bemängelte er. Das Gesetz sollte am Mittag im Bundesrat beraten werden, die Länder hatten trotz ihrer Kritik angekündigt, es passieren zu lassen. Sie können bis zum 2. April übergangsweise die noch geltenden Regeln in Kraft lassen und dann Vorgaben nach dem geänderten Infektionsschutzgesetz beschließen.
Gleichzeitig mit der Novelle des Infektionsschutzgesetzes beschloss der Bundestag eine Verlängerung des Corona-Schutzschirms für soziale Einrichtungen ebenfalls bis zum 23. September. Reha-Klinken, Müttergenesungsheime oder Werkstätten für behinderte Menschen werden damit gegen mögliche Einnahmeausfälle abgesichert, wenn die Bundesländer Corona-Regeln beschließen, die weiterhin die Arbeit der Einrichtungen einschränken. Verlängert werden auch die Corona-Elterngeldregeln, die dafür sorgen, dass Eltern keine finanziellen Einbußen haben, etwa weil sie wegen Corona in Kurzarbeit waren.
Sieben-Tage-Inzidenz auf Höchststand
Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz stieg laut Robert Koch-Institut (RKI) auf den Höchststand von 1706,3 - nach 1651,4 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in sieben Tagen am Vortag. Die Gesundheitsämter meldeten 297 845 neue Fälle an einem Tag, registriert wurden 226 Todesfälle. Die Zahl der in Kliniken gekommenen Corona-Infizierten je 100 000 Einwohner in sieben Tagen gab das RKI mit 7,58 an (Mittwoch: 7,45). (Agenturen)