NSU-Prozess: Bundesanwalt fordert Verurteilung Zschäpes als Mittäterin
Nach einem letzten Versuch der Zschäpe-Verteidiger, die Schlussphase des NSU-Prozesses hinauszuzögern, haben nun doch die Plädoyers begonnen.
Nach mehr als vier Jahren Beweisaufnahme haben im NSU-Prozess am Oberlandesgericht München die Plädoyers begonnen. Bundesanwalt Herbert Diemer trat am Dienstag als erster auf und betonte, die Anklage habe sich „in allen Punkten bestätigt“. Diemer nannte die Hauptangeklagte Beate Zschäpe als Mitgründerin der terroristischen Vereinigung NSU und Mittäterin bei den Morden an neun Migranten türkischer und griechischer Herkunft sowie an einer Polizistin in Heilbronn.
Die Anklagebehörde hält Zschäpe auch bei den Sprengstoffanschlägen in Köln und den 15 Raubüberfällen für mitschuldig.
Zschäpes Kumpane im Untergrund, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos, hatten die Verbrechen an den Tatorten verübt. Die Bundesanwaltschaft hält es für erwiesen, dass Zschäpe in Planung und Logistik der Taten eingebunden war, auch wenn sie selbst weder geschossen noch eine Bombe gelegt haben sollte.
Die Bundesanwaltschaft wirft Zschäpe auch vor, sie habe am 4. November 2011 die mit Böhnhardt und Mundlos bewohnte Wohnung in Zwickau angezündet, um Beweise zu vernichten. Für die Einbindung Zschäpes in den NSU spricht aus Sicht der Ankläger auch, dass Zschäpe nach dem Brand mehrere Exemplare der Bekenner-DVD des NSU verschickte.
Die Anklage habe sich auch bei den vier Mitangeklagten „in allen wesentlichen Punkten bestätigt“, sagte Diemer. Seine Behörde wirft dem Ex-NPD-Funktionär Ralf Wohlleben sowie Carsten S., Holger G. und André E. vor, dem NSU geholfen zu haben Wohlleben und Carsten S. sollen die Pistole Ceska 83 beschafft haben, mit der Böhnhardt und Mundlos die neun Migranten erschossen.
„Wahn von einem ausländerfeindlichen Land“
Als Tatmotiv bei Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt sieht der Bundesanwalt eine rechtsextreme Ideologie und den „Wahn von einem ausländerfeindlichen Land“. Die drei hätten einem „widerlichen Nazi-Regime“ den Boden bereiten wollen. Nach Diemer betonte Oberstaatsanwältin Anette Greger in ihrem Teilvortrag, Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe hätten schon 1998 nach dem Untertauchen in ihrem Versteck in Chemnitz „eine bewaffnete, rechtsextremistische Terrorzelle“ gebildet.
Die drei Rechtsextremisten hatten sich am 26. Januar 1998 aus Jena abgesetzt, nachdem die Polizei in einer von Zschäpe gemieteten Garagen halbfertige Rohrbomben entdeckt hatte. Das Plädoyer der Bundesanwaltschaft begann am Dienstag mit mehrstündiger Verspätung. Zschäpes Verteidiger hatten eine Pause gefordert und von einem Befangenheitsantrag gesprochen, auf den dann aber ohne Begründung verzichtet wurde.
Das Plädoyer der Bundesanwaltschaft soll ungefähr 22 Stunden dauern, erst am Ende werden die Anwälte das geforderte Strafmaß verkünden. Danach kommen die Nebenkläger, anschließend folgen die Schlussvorträge der Verteidiger.