Kampf gegen Clans: Bund weist Kritik von Berlins Innensenator zurück
Der Bund tue zu wenig gegen Clan-Kriminalität, hatte Andreas Geisel moniert. Innenstaatssekretär Mayer (CSU) widerspricht: Wir ziehen uns nicht zurück.
Der Bund hat die Kritik aus Berlin zurückgewiesen, wonach auf Bundesebene zu wenig im Kampf gegen Clan-Kriminalität getan werde. „Ich kann den Vorwurf nicht nachvollziehen. Wir nehmen die Bekämpfung der Clan-Kriminalität im Bund sehr ernst und stehen in intensivem Austausch mit den vorrangig betroffenen Bundesländern Berlin, Bremen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen“, sagte Innenstaatssekretär Stephan Mayer (CSU) dem Tagesspiegel.
Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) hatte am Freitag mehr Engagement vom Bund gefordert. Mayer wies dies zurück. „Von gegenseitigen Schuldzuweisungen halte ich gar nichts. Der Bund zieht sich hier nicht zurück, aber die Bundesländer sind da nun mal zuvorderst zuständig. Deshalb muss auch Berlin seine Hausaufgaben machen.“
Mayer mahnte ein konsequentes Vorgehen gegen organisierte Kriminalität an. „Wir dürfen die Verfestigung von Clan-Strukturen nicht zulassen, da hier die Glaubwürdigkeit und die Handlungsfähigkeit des Staates auf dem Spiel stehen und wir Gefahr laufen, Vertrauen zu verspielen, wenn wir nichts tun – oder uns nur gegenseitig kritisieren.“
Geisel hatte erklärt, dass der Bund sich ein Beispiel an Berlin nehmen solle. Dabei verwies er auf den Ende 2018 beschlossenen Berliner Fünf-Punkte-Plan, der unter anderem eine konsequente Verfolgung und Ahndung von Regelverstößen, das Einziehen von Vermögen sowie verstärkte Gewerbe- und Finanzkontrollen vorsieht. Geisel mahnte zudem eine stärkere nationale und internationale Beschäftigung mit dem Thema an.
Zugleich machte der Berliner Innensenator in seiner Mitteilung vom Freitag auf die in dieser Woche durchgeführten Durchsuchungen im Zusammenhang mit den 2018 beschlagnahmten 77 Immobilien des Clans R. aufmerksam. Wörtlich erklärte Geisel: „Dieses Mal liefen diese Durchsuchungen ohne große öffentliche Aufmerksamkeit. Das ist auch so gewollt.“
Es gab verschiedene Gründe, die Razzia nicht bekannt zu machen
Dass es ausdrücklich gewollt war, dass die Durchsuchungen keine Aufmerksamkeit erregen und nicht bekannt werden, zeigte sich auch auf Nachfrage bei Polizei und Staatsanwaltschaft. Die Polizei bestätigte lediglich, dass es in dieser Woche Durchsuchungsmaßnahmen gegeben hat, verwies aber auf die Staatsanwaltschaft, die die Pressehoheit darüber hat. Doch deren Sprecher konnte sich nicht dazu äußern. Ihm seien keine Durchsuchungen bekannt, erklärte er auf Anfrage.
Offenbar hatten die Behörden verschiedene Gründe, die erneute, aber deutliche kleinere Razzia und deren Ergebnisse nicht bekannt zu machen: damit weitere Ermittlungen nicht gefährdet werden, weil bei der Razzia wenig herausgekommen ist, weil bislang nicht unmittelbar Beschuldigte betroffen waren, weil die Razzia wenig Aufsehen erregen sollte, oder weil es nicht jede kleine Razzia aus Sicht der Behörden wert ist, dass dies bekannt wird.
Zum Vergleich: Bei den großangelegten Kontrollen etwa in Neukölln mit Polizei, Steuerfahndern, Gewerbeaufsicht und Ordnungsamt in den Treffs der Clan-Mitglieder setzen die Behörde durchaus auf die Öffentlichkeit, um zu zeigen, dass der Staat handlungsfähig ist. Und auch vor knapp zwei Wochen, Ende April, hatte es Durchsuchungen gegeben – und die Staatsanwaltschaft hatte dazu auch eigens eine Erklärung bei Twitter verbreitet.