Merkel trifft Ministerpräsidenten: Bund und Länder wollen Abschieberegeln verschärfen
Haft für Gefährder, erleichterte Sammelabschiebungen: Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten wollen abgelehnte Asylbewerber schneller und konsequenter in ihre Heimat zurückbringen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder haben sich am Donnerstag auf einen Plan geeinigt, abgelehnte Asylbewerber schneller und konsequenter abzuschieben. Es solle zeitnah ein Gesetzentwurf zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht erarbeitet werden, sagte Merkel am Abend nach einem Treffen mit den Länderchefs in Berlin. Geplant ist unter anderem die Erweiterung der Abschiebehaft für Ausreisepflichtige, von denen eine erhebliche Gefahr ausgeht. Zudem soll ein neues „Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr“ (ZUR) von Bund und Ländern Sammelabschiebungen erleichtern.
Dass die Praxis der Abschiebung verbessert werden muss, darüber sind sich Bund und Länder seit Längerem einig. Nur wer es besser machen soll, der Bund oder die Länder oder alle irgendwie gemeinsam – da fehlte bisher der Konsens. Am Donnerstagabend fanden beide Seiten bei dem Treffen der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten zusammen, zumindest bei einigen der 16 Punkte, die Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) zuvor auf den Tisch gelegt hatte. Menschen ohne Bleibeperspektive müssten bereits nach wenigen Wochen aus Erstaufnahmeeinrichtungen in ihre Heimat zurückgeführt werden, gab der Schweriner Regierungschef Erwin Sellering (SPD) als Devise aus.
Zentralstelle in Potsdam vorgesehen
Deshalb soll die Bund-Länder-Kooperation intensiver werden, das Bundesinnenministerium soll mehr steuern können. Künftig soll es mehrere regionale Ausreisezentren geben und vor allem eine Zentralstelle zur Unterstützung der Rückführung. Damit könnten nicht zuletzt Sammelabschiebungen besser organisiert werden. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) sagte, „Wir sind uns einig, dass ein Rückführzentrum, eine Bündelung aller Behörden, die es zum Teil schon gibt, unter Bundesverantwortung in Potsdam eingerichtet werden soll.“ Nach dem Treffen wies er darauf hin, dass zur Feststellung der Identität künftig im Zweifel auch die Handys der Asylbewerber ausgelesen werden sollen. Mit 90 Millionen Euro soll zudem die freiwillige Rückkehr und die Reintegration in den Herkunftsländern gefördert werden.
Denn die Länder (und die Kommunen) sind mit ihren Behörden und ihrer Polizei für Abschiebungen zuständig. Freilich ist das nicht immer ganz einfach, etwa weil Ausweispapiere fehlen oder der Transport nicht klappt. Ein Hindernis machten die Ministerpräsidenten früh aus: mangelnde Unterstützung durch den Bund. Auswärtiges Amt und Innenminister machten zu geringen Druck auf Botschaften bei der Beschaffung von Passersatzpapieren und verschleppten die nötigen Rückführungsabkommen. Mit der Einrichtung einer Zentralstelle geht nun die Hoffnung einher, dass der Bund sich intensiver um die Beschleunigung der Verfahren kümmert.
Was die Frage nicht erledigt, wohin abgeschoben werden soll. Vor allem die Maghreb-Staaten und Afghanistan stehen im Zentrum der Kontroverse. Seit Juli 2016 hängt die Einstufung von Algerien, Tunesien und Marokko als sichere Herkunftsländer im Bundesrat, weil sich die Grünen und Linken in den Landesregierungen sperren. Union und SPD sehen die Einstufung als Voraussetzung an, leichter abschieben zu können. So wie im Fall der Westbalkanstaaten. Auf diese entfielen, nach der Einstufung als sichere Herkunftsländer, drei Viertel der gut 25.000 Abschiebungen im vorigen Jahr.
Umstritten ist, ob man nach Afghanistan abschieben kann. De Maizière meint, das sei möglich, einige rot-grün regierte Länder setzten dagegen die Abschiebungen aus, weil das Land nicht sicher sei. (mit dpa/AFP)
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