Miri plädiert auf „subsidiären Schutz“: Bremer Clan-Chef kam angeblich mit Schleppern wieder nach Deutschland
Wie gelang es dem abgeschobenen Schwerverbrecher zurückzukehren? „Heimlich über Syrien in die Türkei“ und über den Landweg nach Deutschland, sagt er selbst.
In der Geschichte um die Rückkehr des mutmaßlichen Chefs des libanesischen Miri-Clans werden immer neue Details bekannt. So ist Ibrahim Miri nach eigenen Angaben mit Hilfe von Schleppern aus dem Libanon nach Deutschland zurückgereist, nachdem er im Juli abgeschoben worden war. Das geht der "Bild am Sonntag" (BamS) zufolge aus Ibrahim Miris Asyl-Antrag hervor, den sein Rechtsanwalt am 30. Oktober bei der Bremer Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) stellte.
Wie er durch Syrien kam, will Miri bei einer Anhörung schildern
Demnach habe Miri sich "mit Hilfe von Helfern" einen Pass verschafft und sei zunächst "heimlich über Syrien in die Türkei", dann "mit Hilfe von Schleppern auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland" eingereist. Das Blatt spekuliert, Miri könne sich vielleicht auch einfach mit seinen "neuen Papieren" in ein Flugzeug nach Deutschland gesetzt haben.
Wie er durch das Bürgerkriegsland Syrien kam, will er dem Blatt zufolge in seiner Asylanhörung im Detail schildern. In der Türkei habe Miri demnach nicht bleiben wollen, da er dort kein Aufenthaltsrecht besaß.
Miris Anwalt plädiert in dem Asylantrag auf „subsidiären Schutz“. Als Begründung dafür gibt der Anwalt an, sein Mandant sei unverschuldet in einen „Blutrachekonflikt aus der Vergangenheit“ mit einem rivalisierenden Clan geraten, der auf eine Messerstecherei in Bremen 2006 zurückgehe. Nach Miris Angaben sollen libanesische Hisbollah-Milizen diesen Clan unterstützen und ihn persönlich für einen Rachemord verantwortlich machen.
Nach seiner Ankunft im Libanon sei er auf der Straße erkannt und bedroht worden. Weil die schiitische Hisbollah im Libanon Minister stelle und Teile von Armee und Polizei kontrolliere, fühle sich Miri staatlicher Verfolgung ausgesetzt.
Der Sprecher des Bundesinnenministeriums, Steve Alter, hatte am Freitag nach Angaben der Deutschen Presse-Agentur (dpa) gesagt, die Einreise Miris sei offensichtlich nicht über einen Grenzübergang erfolgt. Gegen den Mann gelte eine Wiedereinreisesperre für das gesamte Schengen-Gebiet, die in der dafür vorgesehenen europäischen Datenbank gespeichert sei. Er sagte: "Die Möglichkeiten, die die Sicherheitsbehörden haben, um eine solche Wiedereinreise zu verhindern, wurden ausgeschöpft."
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge will bis Ende der Woche entscheiden
Mitgliedern des verzweigten Familienclans wird in Bremen organisierte Kriminalität vorgeworfen. Der zurückgekehrte Chef hatte sich den Behörden gestellt und die illegale Einreise zugegeben. Nach dpa-Informationen will das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) möglichst schon nächste Woche über den Asylantrag entscheiden. Auch die "BamS" schreibt, es solle bis Ende der Woche eine Entscheidung geben
Wie es heißt, soll der Fall wegen der Dringlichkeit nicht in Bremen bearbeitet werden, wo Miri den Antrag gestellt hat, sondern in der Bamf-Zentrale in Nürnberg. Zunächst muss jedoch geklärt werden, ob der gestellte Asylantrag als Erst- oder als Folgeantrag zu bewerten ist.
Der Libanese hatte bereits 1986 einen Asylantrag gestellt
Denn der Libanese, der 2014 wegen bandenmäßigen Drogenhandels zu einer sechsjährigen Haftstrafe verurteilt worden war, hatte 1986 bereits einen Asylantrag gestellt. Damals war er 13 Jahre alt. Geprüft wird aktuell auch, ob er erneut in Strafhaft genommen werden könnte. Als er abgeschoben wurde, hatte er seine Strafe noch nicht verbüßt. Seit 2017 gab es erste Freigänge für ihn, im Dezember 2018 kam er frei – auf Bewährung.
Das Bamf bestätigte, dem Vorgang hohe Priorität einzuräumen. "Wir werden seinen Antrag mit der gebotenen Beschleunigung prüfen – immerhin handelt es sich um einen Schwerkriminellen, dem die Wiedereinreise untersagt worden war", sagte Bamf-Chef Hans-Eckhard Sommer der "BamS". "Ich sage aber auch: Asyl ist ein Grundrecht, deshalb werden wir auch diesen Antrag entsprechend allen rechtlichen Vorgaben sorgfältig prüfen."
Miris Abschiebung galt als großer Erfolg im Kampf gegen Clans
Miri war erst am 10. Juli abgeschoben worden. Die Eliteeinheit GSG 9 hatte ihn abgeholt, er wurde nach Berlin-Schönefeld geflogen. Von dort brachte ihn ein gechartertes Flugzeug dann in den Libanon. Die Aktion galt als großer Erfolg im Kampf gegen Clans.
Nach Informationen der "Welt am Sonntag" waren die deutschen Behörden aber schon zu diesem Zeitpunkt besorgt, Miri werde versuchen, nach Deutschland zurückzukehren. Daher hätten die zuständigen Stellen verschiedene Länder entlang der Balkanroute und andere mögliche Transitstaaten bereits kurz nach der Abschiebung um eigene Fahndungsmaßnahmen gebeten.
Um die Identität des Kriminellen überprüfen zu können, sollte Miris Pass, den er nach seiner Ankunft im Libanon ausgestellt bekommen hatte, als Datenabgleich dienen. Wie das Blatt schreibt, wollten sich die deutschen Behörden nicht allein auf die wenigen Kontrollen an der EU-Außengrenze sowie im Schengenraum verlassen, sondern eine mögliche Fluchtroute Miris vorher ausleuchten.