Abgeschoben, wieder da, festgenommen: Fall Ibrahim Miri könnte zur Nagelprobe werden für die Behörden
Das Bremer Oberhaupt einer kriminellen Großfamilie hat ein Einreise- und Aufenthaltsverbot. Doch nun ist der Mann zurück in Deutschland und will Asyl.
Spezialeinsatzkräfte hatten ihn am 10. Juli in den frühen Morgenstunden geweckt und festgenommen. Ibrahim Miri, einer der führenden Köpfe eines deutsch-libanesischen Familien-Clans, wurde nach Schönefeld geflogen und von dort mit einem Learjet in den Libanon abgeschoben. Es war eine klare Ansage der Sicherheitsbehörden und der Innenminister an die kriminelle Großfamilie: Die Gangart wird verschärft.
Doch nun ist Ibrahim Miri wieder zurück. Am Mittwoch tauchte er mit seinem Anwalt in der Bremer Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge auf, doch der Besuch währte nur kurz. Die Polizei rückte an und nahm den 46-Jährigen fest. Wie aus einem Schreiben des Anwalts des Clan-Chefs hervorgeht, ist Miri vor einigen Tagen wieder nach Deutschland eingereist und will in Bremen einen Asylantrag stellen, da er im Libanon von schiitischen Milizen mit dem Tode bedroht werde. Es soll sich dem Vernehmen nach um die Terrororganisation Hisbollah handeln.
Nach Informationen des „Weser-Kurier“ sitzt Miri derzeit in Abschiebehaft. Das Amtsgericht Bremen hat einem entsprechenden Antrag der Innenbehörde am Mittwoch zugestimmt. Damit kann Miri bis zum 2. Dezember in Abschiebehaft behalten werden. Die Bremer Innenbehörde erklärt, es sei bei der Staatsanwaltschaft angeregt worden, einen Haftbefehl gegen ihn zu beantragen – wegen illegaler Einreise. Illegale Einreise wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren geahndet. Gegen Miri bestehe ein Einreise- und Aufenthaltsverbot. Zusätzlich hat Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) beim Amtsgericht die Abschiebungshaft beantragt.
Miri galt als staatenlos
Miri ist Oberhaupt einer weit verzweigten Großfamilie mit 2500 Mitgliedern, von denen mindestens 1200 bereits im Visier von Polizei und Justiz in Deutschland standen. Er kam als 13-Jähriger aus dem Libanon nach Bremen, war Chef des inzwischen verbotenen Rockerclubs Mongols MC und wird mit einer Vielzahl von Straftaten in Verbindung gebracht. Neben Erpressung geht es bei dem Clan um Handel mit Waffen, Kokain und Marihuana. 2014 wurde Miri wegen bandenmäßigen Drogenhandels zu sechs Jahren Haft verurteilt. Seit 2017 gab es erste Freigänge für ihn, im Dezember 2018 kam er auf Bewährung frei.
Seit Jahren versuchte Bremen schon, den Clan-Chef abzuschieben, dem Vernehmen nach etwa in die Türkei. Doch Miri galt als staatenlos. Wie so viele meist aus dem Libanon stammende palästinensische Flüchtlinge wurde er bei deutschen Ämtern registriert, weil die Regierung in Beirut ihnen keine Papiere gab.
In dem Schreiben des Anwalts heißt es nun, dass Miri gegen seine Abschiebung vom Juli juristisch vorgehen wolle und deshalb Klage beim Verwaltungsgericht Bremen gegen die Innenbehörde eingereicht habe. Die Abschiebung in einer „Nacht- und Nebelaktion“ ohne vorherige Ankündigung sei rechtswidrig. Durch die unangekündigte Abschiebung sei seinem Mandaten jedwede Möglichkeit genommen worden, seine Belange in einem Eilverfahren geltend zu machen. Dem Brief zufolge hat Miri sich bei der Staatsanwaltschaft selbst angezeigt, weil er ohne Papiere oder Visum einreiste.
Abschiebung unter strikter Geheimhaltung
Sein Anwalt führt in dem Schreiben ebenfalls an, dass „alle positiven Entwicklungen“ nach der letzten Verurteilung nicht berücksichtigt worden seien. Miri habe sich in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis befunden, ein psychologisches Sachverständigengutachten habe ihm eine positive Sozialprognose attestiert. Dies sei herangezogen worden bei der Entscheidung, seine Reststrafe zur Bewährung auszusetzen. Miri habe sein bisheriges soziales Milieu verlassen wollen, indem er mit seiner Mutter zu seiner schwangeren Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Kind in einem anderen Bundesland ziehe. Dies habe die Ausländerbehörde gewusst, schreibt der Anwalt.
Für die Sicherheits- und Innenbehörden in Bund und Ländern könnte der Fall zur Nagelprobe werden. Die Abschiebung im Juli war über Monate unter strikter Geheimhaltung geplant worden, die Zentrale der Bundespolizei in Potsdam, die GSG 9, die Polizei in Berlin und Bremen waren eingebunden. Bundespolizeipräsident Dieter Romann war im Herbst 2018 in Beirut, um persönliche Kontakt zu den libanesischen Behörden zu knüpfen – und über die Beschaffung eines Passes und die Abschiebung zu verhandeln. Und im Mai war Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) dort, um eine Zusammenarbeit bei Abschiebungen zu vereinbaren. Im Libanon kam Miri kurze Zeit später frei, weil in dem Mittelmeerstaat nichts gegen ihn vorlag.
„Es macht wütend“
Unverständnis äußerte CDU-Generalsekretärin Paul Ziemiak, der „Bild“-Zeitung sagt er: „Es macht wütend, wie ein krimineller Clan-Chef versucht, unseren Rechtsstaat lächerlich zu machen.“ Die Behörden müssten klären, wie es sein kann, dass ein abgeschobener Krimineller trotz Einreisesperre nur kurze Zeit später wieder in Bremen auftauchen konnte“.
Die Bremer FDP-Innenpolitikerin Birgit Bergmann sagte: „Normalerweise wird für abgeschobene Ausländer ein Einreise- und Aufenthaltsverbot für den gesamten Schengen-Raum verhängt. Offenbar scheint an den EU-Außengrenzen keine ausreichende Kontrolle stattzufinden.“ Das sei angesichts der Terrorgefahr etwa durch zurückkehrende IS-Kämpfer ein erschreckender Zustand. Solche Fälle schadeten der Akzeptanz des Asylrechts und jenen Migranten, „die sich in großer Mehrheit in Deutschland vorbildlich verhalten“.
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