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Jair Bolsonaro, designierter Präsident von Brasilien
© dpa/Fabio Teixeira

Brasilien: Bolsonaro übt sich als Scharfmacher

Der kommende brasilianische Präsident Jair Bolsonaro schlägt erste Eckpfeiler ein: Er droht Zeitungen und signalisiert den Schulterschluss mit Donald Trump.

Meine Regierung soll anders sein, das macht Jair Bolsonaro schon bei seiner ersten Pressekonferenz klar. Der kommende brasilianische Präsident gibt sie hinter einem Surfbrett, auf das die Reporter ihre Mikrofone gelegt haben. Sie drängen sich im Autostellplatz von Bolsonaros Haus in Rio de Janeiro, um sie herum stehen Fahrräder und anderer Hausrat. Die Geste Bolsonaros soll sagen: Ich bin einfach und volksnah. Dazu passt, dass man ihn seit Tagen im Freizeitlook sieht, in T-Shirts und offenen Hemden und immer ohne Krawatte.

Und noch etwas ist anders: Print-Journalisten sind von der Pressekonferenz ausgesperrt, sie stehen perplex vor der Einfahrt zu Bolsonaros Haus. Sein Pressemann macht Platzgründe verantwortlich, Bolsonaro selbst sagt, die Entscheidung nicht getroffen zu haben.

Aber es ist ein klares Signal des Rechtspopulisten: Ich werde mich, wie Donald Trump, über die sozialen Netzwerke und das Fernsehen mitteilen. Es wirkt auch wie eine Warnung. Wer mich kritisiert, wird geschnitten. Schon zuvor hatte Bolsonaro angedeutet, dass die Zeitung „Folha de S. Paulo“ keine Anzeigen mehr von staatlichen Firmen wie der Post oder einigen Banken bekommen könnte. Für viele brasilianischen Print-Organe sind diese Anzeigen lebenswichtig. Die „Folha de S. Paulo“ hatte vor der Wahl mehrere Reportagen über Bolsonaro gebracht, die sein Image als Saubermann beschädigten.

Untersuchungsrichters Sérgio Moro wird neuer Superminister

Eine Woche ist seit der Wahl Bolsonaros vergangen, der am 1. Januar sein Amt in Brasília antritt. Während das linke Brasilien immer noch geschockt ist über den Sieg des Rechtsaußen, der die Militärdiktatur verherrlicht, schlägt Bolsonaro die ersten Eckpfeiler seiner Regierung ein.

Dabei sorgte besonders eine Personalie für Diskussionen. Die geplante Ernennung des Untersuchungsrichters Sérgio Moro zum neuen Superminister für Justiz und Öffentliche Sicherheit. Moro leitet seit 2014 die Untersuchung im gigantischen Korruptionsskandal rund um den Ölkonzern Petrobras. Sie wurde unter dem Codenamen Lava Jato (Autowaschanlage) weltberühmt. In Brasilien gilt Moro deswegen bei vielen als unbestechlicher Held, ein Supermann des Rechts, der furchtlos gegen die Korruption kämpft.

Aber Moro ist nicht unumstritten. Besonders problematisch: sein Urteil gegen Ex-Präsident Lula da Silva, der seit April eine zwölfjährige Gefängnisstrafe wegen Korruption absitzt. Denn Moros Urteil erleichterte Bolsonaros Wahlsieg. Hätte Lula zu den Präsidentschaftswahlen noch einmal antreten dürfen, hätte er gute Chancen gehabt, zu siegen. So sahen es alle Umfragen voraus. Dass Moro jetzt also einen Posten unter einem Präsidenten annimmt, dessen Opponent er vor der Wahl ins Gefängnis steckte, kann man durchaus kritisch sehen.

Seine Klimapolitik wird mit Furcht erwartet

Unter Umweltschützern führte eine andere Entscheidung Bolsonaros zu kurzzeitiger Erleichterung. Er verwarf den Plan, das Umweltministerium dem Agrarministerium zu unterwerfen. Nicht etwa, weil er mit einem Mal die Umwelt für sich entdeckt hätte, sondern weil die mächtige Agrarindustrie warnte, dass das Vorhaben ihre Exporte schädigen könnte. Die empfindlichen Europäer könnten Ärger machen, wenn Umweltstandards gesenkt würden, so die Furcht der Großbauern. Dennoch betonte Bolsonaro, dass der neue Umweltminister „kein Shiit“ sein werde. Die Umwelt dürfte dem Fortschritt nicht im Wege stehen.

Der künftige brasilianische Präsident Jair Bolsonaro (rechts) winkt vor seinem Haus Anhängern zu.
Der künftige brasilianische Präsident Jair Bolsonaro (rechts) winkt vor seinem Haus Anhängern zu.
© Tomaz Silva/Agencia Brazil/dpa

Tatsächlich wird Bolsonaros Umweltpolitik von Umwelt- und Klimaschützern in aller Welt mit Furcht erwartet. Mehrfach hat er angedeutet, den Amazonas zur wirtschaftlichen Ausbeutung freizugeben, worauf die Agrar- und die Minenindustrie drängen. In Brasilien befindet sich rund die Hälfte aller weltweit geschützten Flächen, fast ein Drittel des Landes zählt dazu. Dennoch hat die illegale Abholzung des Amazonaswaldes in den vergangenen Jahren wieder erschreckende Ausmaße erreicht.

Bolsonaro hat seine feindliche Rhetorik gegenüber Minderheiten wie Homosexuellen zuletzt gemäßigt. Aber von seinen radikalen Vorhaben ist er nicht abgerückt. Er drängt darauf, dass das Parlament noch dieses Jahr über sein Vorhaben abstimmt, den Waffenbesitz stark zu erleichtern. So sollen die Brasilianer sich besser gegen Kriminelle wehren können. Zwar sagen Sicherheitsexperten, dass die Gewalt durch die Liberalisierung weiter anstiege, dennoch stehen die Chancen gut, dass ein Bolsonaro geneigtes Parlament das Vorhaben verabschiedet.

Auch Brasiliens Botschaft soll von Tel Aviv nach Jerusalem umziehen

Auf außenpolitischem Feld signalisiert Bolsonaro einen Schulterschluss mit US-Präsident Donald Trump. Er twitterte, dass er Brasiliens Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegen wolle – so wie es Trump mit der US-Botschaft getan hat. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu sprach von einem „historischen“ Entschluss. Die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) hingegen verurteilte den „provokativen und illegalen“ Schritt.

Für Verwirrung sorgte unterdessen der kommende Verteidigungsminister. Der Reserve-General Augusto Heleno sagte, dass die Sicherheitsdienste ein geplantes Attentat gegen Bolsonaro aufgedeckt hätten. Es handle sich um Terrorismus. Weitere Angaben machte Heleno nicht. Der kommende Präsident Brasiliens hält das Land bereits jetzt in Atem.

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