Kriminalitätsdatenbanken: BKA-Präsident wehrt sich gegen Speichervorwürfe
Massenhafte, regelwidrige Datenspeicherung? BKA-Präsident Holger Münch weist die Kritik an seiner Behörde zurück und lehnt eine Generalrevision der Datenbanken ab.
Es ist eine spontane Pressekonferenz, hastig einberufen am Freitagmorgen. Bundeskriminalamtschef Holger Münch muss zu dem Schluss gekommen sein, dass er nicht länger zu den Vorwürfen gegen seine Behörde schweigen kann. „Wir speichern nicht massenhaft Daten unbescholtener Bürger“, sagt er, an einem Rednerpult im Bundesinnenministerium stehend. „Von willkürlicher Speicherung kann und darf nicht die Rede sein.“
Genau das hatten dem BKA am Tag zuvor mehrere Politiker vorgeworfen – allen voran SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann, der von wahlloser Informationsspeicherung gesprochen hatte. CSU-Innenexperte Stephan Mayer hatte schnelle Aufklärung gefordert. Und Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz verlangte eine Generalrevision der Datenbanken des BKA. Ausgelöst worden war die Debatte bereits vor mehreren Wochen wegen der zu Unrecht entzogenen Akkreditierung von Journalisten beim G-20-Gipfel. Weiter befeuert wurde sie durch eine Recherche der ARD, nach der es massenhaft regelwidrig gespeicherte Einträge in den Datenbanken des BKA geben könnte. Die Fehler, die im Hinblick auf die Journalisten gemacht wurden, wären dann nur die sprichwörtliche Spitze des Eisbergs.
"Das gemeinsame Gedächtnis"
Doch Münch will das nicht gelten lassen. Er bedauere es zwar sehr, dass die Akkreditierungen fälschlicherweise entzogen wurden. „Aber diese Einzelfälle werden nun zum Anlass genommen, um das gesamte System der Datenspeicherung in Zweifel zu ziehen.“ Dieses sei wichtig für die Verhütung und Verfolgung von Terrorismus und schweren Straftaten. Es gebe etwa Dateien zu Kinderpornografie, Wirtschaftskriminalität, zu Rauschgift und Waffen. Sie seien „das gemeinsame Gedächtnis der Polizei in Bund und Ländern“.
Dieses Gedächtnis reicht teilweise weit zurück. So fanden sich den ARD-Recherchen zufolge 15 Jahre alte Datensätze zu Bagatelldelikten in der Datenbank, die nicht einmal zu einer Anklage geführt hatten. Fraglich ist, ob in diesen Fällen die Fristen eingehalten wurden, an deren Ende der Eintrag daraufhin überprüft wird, ob er in der Datenbank bleiben soll. Bei Bagatelldelikten beträgt die Speicherfrist ein Jahr, bei schweren Straftaten zehn Jahre, eine Verlängerung ist möglich. Für das Löschen ist immer die Behörde verantwortlich, die die Daten eingespeist hat. Das sind laut Münch meist die Länder.
Generalrevision abgelehnt
Sofort gelöscht werden die Daten zum Strafverfahren und zum Beschuldigten, wenn ein Freispruch vor Gericht klarstellt, dass der Vorwurf unberechtigt war. Allerdings übermitteln die Staatsanwaltschaften den Polizeibehörden nicht immer das Ergebnis der Verfahren und die Begründung des Gerichts. „Das ist eine Schwachstelle, wo wir mit weiterer Automatisierung weiterkommen müssen“, erklärte Münch.
Doch das BKA kann Daten auch dann behalten, wenn es zu einem Freispruch kam oder das Verfahren eingestellt wurde. Etwa, wenn dies aus Mangel an Beweisen geschehen ist – und es Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Person künftig straffällig werden könnte. In den vergangenen Tagen waren aber Zweifel daran laut geworden, ob die Einzelfallüberprüfung, die für eine solche Negativprognose nötig ist, immer ordnungsgemäß stattfindet.
BKA-Präsident Münch lehnt dennoch eine Generalrevision der Datenbanken ab. Es soll ein einheitliches Verbundsystem für den Informationsaustausch der Polizei eingeführt werden – bei der Migration der Daten finde dann ohnehin eine Qualitätskontrolle statt.
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