zum Hauptinhalt
Armin Laschet, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, besucht das Flüchtlingslager Kara Tepe auf der griechischen Insel Lesbos.
© Dorothea Hülsmeier/dpa
Update

Flüchtlingscamp Moria auf Lesbos: Bewohner halten Laschet für Bundeskanzler – der bricht Besuch ab

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Laschet wollte das überfüllte Flüchtlingscamp Moria auf der Insel Lesbos besuchen. Doch es kam zu einem Zwischenfall.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hat einen Besuch im überfüllten Flüchtlingscamp Moria auf der griechischen Insel Lesbos aus Sicherheitsgründen abgebrochen.

Laschet hatte am Dienstag nach dem Besuch des Container-Bereichs eine Visite im sogenannten wilden Teil außerhalb des Camps geplant. Auf Anraten des örtlichen Sicherheitschefs wurde der Besuch in dem Teil kurzfristig abgesagt. Zuvor hatten sich Gruppen von Flüchtlingen aus Afghanistan und Afrika versammelt und in Sprechchören „Free Moria“ gerufen.

Aus Delegationskreisen verlautete, der Sicherheitschef habe gesagt, die Flüchtlinge hätten Laschet für den „Prime Minister of Germany“ gehalten.

Ein starkes Aufgebot an Sicherheitskräften schirmte Laschet vor den Flüchtlingen ab. Das 2015 auf einer früheren Militäranlage errichtete Aufnahmezentrum ist mit mehr als 14.000 Flüchtlingen das größte Flüchtlingslager Europas und restlos überfüllt. Um das eigentliche Camp herum haben Migranten Zelte und provisorische Behausungen errichtet.

Im und um das Lager kommt es immer wieder zu Schlägereien und Messerstechereien zwischen Migranten verschiedener Nationalitäten. Vor allem im wegen der Überfüllung des Hauptlagers gebildeten Satellitencamp herrscht Gesetzlosigkeit. Immer wieder kommt es dort zu Gewalttaten, die in den vergangenen fünf Jahren mehrere Menschen das Leben gekostet haben.

Laschet besucht anschließend das „Vorzeigelager“

Anschließend fuhr der NRW-Regierungschef in das Camp Kara Tepe. In dem als „Vorzeigelager“ geltenden Camp halten sich etwa 1300 Menschen auf. Dieser Besuch lief ohne Zwischenfälle ab. Mehr als eineinhalb Stunden tauschte Laschet sich dort mit Hilfsorganisationen aus.

Nach dem Besuch der Flüchtlingslager sprach Laschet von einem „Aufschrei der Verzweifelten“. „Die ganze Europäische Union muss jetzt wach werden“, sagte er.

Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft biete die Chance, „eine dauerhafte Lösung“ für das Flüchtlingsproblem zu entwickeln, so Laschet. Europa dürfe die griechische Regierung, die Bewohner und die Behörden auf Lesbos nicht allein lassen. Auch NRW wolle seinen Beitrag leisten und besonders betroffene Kinder und deren engen Angehörigen in den nächsten Wochen ins Bundesland holen.

Deutschland sei sehr mit der Corona-Pandemie beschäftigt. In den Flüchtlingslagern habe die Pandemie aber noch eine ganz andere Bedeutung, weil die Menschen die Camps nur sehr eingeschränkt verlassen könnten und verhindert werden müsse, dass das Virus in die Lager gelange, sagte Laschet. Die Flüchtlinge erlebten eine „Situation der Perspektivlosigkeit“.

Laschet will sich im Dezember um den CDU-Bundesvorsitz bewerben und gilt damit auch als möglicher Kanzlerkandidat. Der CDU-Politiker war am Montag vom griechischen Premier Kyriakos Mitsotakis empfangen worden. Dabei hatte sich Laschet im Namen der Bundesregierung für eine europäische Lösung der Flüchtlingskrise in Griechenland eingesetzt.

[Wenn Sie die wichtigsten Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere runderneuerte App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Die EU kommt bei einer Einigung über eine geplante gemeinsame Asylreform seit Jahren kaum voran. Italien, Malta, Spanien, Griechenland und Zypern dringen auf einen verpflichtenden Mechanismus zur Verteilung von Migranten.

Ungarn, Tschechien, Polen, Estland, Lettland, die Slowakei und Slowenien wollen hingegen das Gegenteil. In einem Brief an die EU-Kommission betonen die sieben Länder ihre Ablehnung einer verpflichtenden Verteilung „in jeder Form“. Im September will die EU-Kommission neue Vorschläge vorlegen. (dpa)

Zur Startseite