Frankreich: Bestechung: Sarkozy greift die Justiz und seinen Nachfolger an
Nicolas Sarkozys Lage wird immer heikler. Jetzt wird gegen den ersten Staatspräsidenten Frankreichs, der je in Polizeigewahrsam kam, auch wegen aktiver Bestechung ermittelt. Doch der sieht sich als Opfer der Justiz.
Es kam schlimmer, als Nicolas Sarkozy es befürchtet haben mochte. Als der ehemalige französische Präsident in der Nacht zum Mittwoch nach 15-stündigem Polizeiverhör in Paris den Richterinnen Patricia Simon und Claire Thépaut vorgeführt wurde, muss er seinen Ohren nicht getraut haben. Nicht mehr nur auf Einflussnahme und Bruch des Untersuchungsgeheimnisses lauten die Vorwürfe, die gegen ihn erhoben werden, sondern auch auf aktive Bestechung. Sollten sie sich in dem jetzt eröffneten Untersuchungsverfahren erhärten und Gegenstand der Anklage vor einem Gericht werden, drohen dem Ex-Präsidenten, der die Anschuldigungen zurückweist, im Fall eines Schuldspruchs bis zu zehn Jahre Gefängnis. Mit ähnlichen Strafen müssten sein Anwalt Thierry Herzog sowie Gilbert Azibert, der Generalanwalt am obersten Gericht Frankreichs, des Kassationshofs, rechnen. Gegen sie war wegen der gleichen Tatvorwürfe ebenfalls ein Untersuchungsverfahren eingeleitet.
Ein Job in Monaco
Im Mittelpunkt steht die Frage, ob der Ex-Präsident mit Hilfe seines Anwalts versucht hat, über den Generalanwalt Einfluss auf eine Entscheidung des Kassationshofs zu nehmen. Das Gericht hatte im März über die Freigabe der Terminkalender Sarkozys zu befinden. Sie waren von der Justiz als mögliche Beweismittel in mehreren Affären aus seiner Amtszeit einbehalten worden, was vom Kassationshof später nicht beanstandet wurde. Für seine – vergeblichen – Dienste sollen dem Generalanwalt, wie sich aus abgehörten Telefongesprächen ergab, Empfehlungen Sarkozys für einen Posten in Monaco in Aussicht gestellt worden sein. Laut Gesetz wäre das eine Bestechung, die auch denn strafbar ist, wenn sie nicht zum Erfolg geführt hat.
Als Retter der Konservativen scheint Sarkozy auszuscheiden
Der Schock der Öffentlichkeit über diese Affäre, die noch am Dienstag von der politischen Rechten als „Komplott“ der linken Regierung denunziert worden war, ist groß. Staatspräsident Francois Hollande sah sich veranlasst, die Unabhängigkeit der Justiz zu verteidigen und das Prinzip der Unschuldsvermutung zu bekräftigen. Auch einige Führer der rechtskonservativen Oppositionspartei UMP wie der frühere Premierminister Alain Juppé bemühten sich um Mäßigung. Sie versicherten Sarkozy ihrer „Freundschaft“, verzichteten aber auf jegliche Polemik gegen Justiz und Regierung. Für sie dreht sich jetzt alles um die Frage, wie es mit ihrer von Korruption und Rivalenkämpfen geschwächten Partei weitergehen soll. Dass Sarkozy noch als Retter der UMP infrage kommt, wird bezweifelt. Mit einem Parteichef, der ständig von der Justiz vorgeladen werde, könne man die nächste Wahl 2017 nicht gewinnen, zitierte die Zeitung „Le Parisien“ einen einstigen Minister.
Der Ex-Präsident teilt aus - gegen die Justiz und seinen Nachfolger
Sarkozy selbst wies die Vorwürfe zurück. Er habe nie gegen die Prinzipien des Rechtsstaats verstoßen, sagte Sarkozy in einem Fernsehinterview am Mittwochabend und sprach von „politischer Instrumentalisierung eines Teils der Justiz“. Die Bestechungsvorwürfe gegen ihn seien "grotesk". Insbesondere zog er die Unparteilichkeit einer der gegen ihn ermittelnden Untersuchungsrichterinnen in Zweifel. Der frühere Staatschef hatte bereits früher deutlich gemacht, dass er die Regierung seines sozialistischen Nachfolgers François Hollande hinter dem Vorgehen der Justiz gegen ihn sieht.
Sozialisten: Kein Recht auf Beleidigung
Führende Sozialisten kritisierten Sarkozy dafür scharf. Er habe der Justiz des Landes mit seinen Vorwürfen der Parteilichkeit gegen eine Untersuchungsrichterin "übel mitgespielt", sagte Parlamentspräsident Claude Bartolone am Donnerstag im Sender i-Télé. "Wenn man früherer Staatschef ist, dann macht man die Republik und eine ihrer Institutionen nicht herunter." Sozialistenchef Jean-Christophe Cambadélis sagte dem Sender RTL, dass für Sarkozy die Unschuldsvermutung gelte, gebe ihm nicht das Recht, Richter, die Regierung und Staatschef François Hollande zu "beleidigen". Sarkozy habe versucht, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit von den Korruptionsvorwürfen gegen ihn abzulenken. mit AFP
Hans-Hagen Bremer
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