Bis zum Tarifniveau: Bessere Löhne in Altenpflege per Umweg geplant
Die Bundesregierung will, dass die Altenpflegerinnen in Deutschland besser bezahlt werden. Weil sie den Heimen die Löhne nicht vorschreiben darf, setzt sie bei Pflegekassen und Sozialhilfeträgern an.
Die Bundesregierung will es den Betreibern aller Pflegeheime erleichtern, ihren Beschäftigten bessere Löhne zu zahlen. Vorgesehen ist, dass die Pflegekassen und Sozialhilfeträger künftig auch für nicht-tarifgebundene Pflegeeinrichtungen Gehälter bis zum Tarifniveau refinanzieren müssen und diese nicht mehr als unwirtschaftlich ablehnen dürfen. Die entsprechende Gesetzesänderung soll an diesem Donnerstag vom Bundestag beschlossen werden.
Pflegeheime, die ihre Mitarbeiter besser bezahlten, hätten dadurch dann „keinen Wettbewerbsnachteil mehr“, sagte der Pflegebeauftragte der Regierung, Karl-Josef Laumann (CDU) dem Tagesspiegel. Dies sei ein „wichtiger Beitrag dafür, dass der Wettbewerb in der Pflege nicht über Einsparungen bei den Personalkosten, sondern über die Qualität der Pflegeleistungen geführt wird“. Davon profitierten sowohl die Pflegekräfte als auch die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen.
Bisher sind die Kostenträger nur verpflichtet, solche Gehälter bei den Pflegesatzverhandlungen zu berücksichtigen, wenn die entsprechenden Einrichtungen tarifgebunden sind beziehungsweise dem Kirchenarbeitsrecht unterliegen. Bedingung ist, dass die Heimbetreiber ihnen den Nachweis liefern, dass sie diese Löhne auch tatsächlich bezahlen. Diese Regelung gilt seit Januar 2015.
Die Finanzierung von Tariflöhnen sei dadurch „deutlich erleichtert“ worden, sagte Laumann. Doch der Sogeffekt auf andere Einrichtungen sei ausgeblieben. „Die gewünschte Wirkung, flächendeckend Tarifverträge und attraktive Löhne für alle Pflegekräfte in Deutschland zu erreichen, ist bisher noch nicht erzielt worden“, so der Pflegebeauftragte.
Kassen verweigern bisher oft Erstattung von höheren Löhnen
Nach wie vor hätten Einrichtungsbetreiber ohne Tarifbindung bei den Pflegesatzverhandlungen Schwierigkeiten, Lohnerhöhungen bis zum Tarifniveau durchzusetzen, sagte Laumann. Die Kostenträger, also Pflegekassen und Sozialhilfeträger, lehnten dies dann oft als unwirtschaftlich ab. Und weil sich insbesondere mittelständische Heimbetreiber scheuten, deshalb in Einzelverhandlungen einzutreten, gäben sie den wirtschaftlichen Druck an ihre Beschäftigten weiter.
Nach einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung aus dem Jahr 2015 verdienen Fachkräfte in der Altenpflege deutlich weniger als ihre Kollegen in der Krankenpflege. Sie kommen im Schnitt brutto auf 2441 Euro monatlich, der Unterschied zu den Krankenpflegern liegt damit bei 600 Euro. Das zeige deutlich, dass sich für die Altenpflege, wenn sie beim Werben um qualifizierte Beschäftigte nicht abgehängt werden wolle, etwas ändern müsse, sagte Laumann. Prognosen zufolge könnten bis zum Jahr 2025 in Deutschland 200.000 Pflegekräfte fehlen.
In einer sozialen Marktwirtschaft könnten Bundesregierung und Gesetzgeber nicht einfach Löhne festsetzen, betonte der Pflegebeauftragte. Das sei allein Sache der Sozialpartner. Allerdings könne die Politik „die richtigen Rahmenbedingungen dafür schaffen, damit faire Löhne gezahlt werden“.