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Raed Saleh geht mit seiner SPD hart ins Gericht.
© Maurizio Gambarini/dpa

Raed Saleh: Berliner Fraktionschef rechnet mit SPD ab

Nach dem Wahldebakel fordert Raed Saleh einen "vollständigen personellen Neuanfang". Er hält seine Partei für mitschuldig am Vertrauensverlust der Politik.

In einem Essay für den Tagesspiegel rechnet der Fraktionsvorsitzende der SPD im Berliner Abgeordnetenhaus, Raed Saleh, mit seiner Partei ab. Saleh sieht die SPD in einer „existenzgefährdenden Krise“, gibt der Partei Mitschuld am Vertrauensverlust der Bürger in die Politik und am Aufstieg der AfD. Er fordert einen „vollständigen personellen Neuanfang“, besonders unter den „Funktionären“ in der SPD-Parteizentrale, dem Willy-Brandt-Haus. „Die Spitze der SPD hat sich in den vergangenen Jahren ständig vergaloppiert“, so Saleh.

Die SPD sei mitschuldig am „Vertrauensverlust in der Bevölkerung, die Wahrnehmung von Politikern als abgehobene Elite, das Erstarken der politischen Ränder, der Vorwurf der Verlogenheit“, schreibt Saleh. Zur Begründung verweist auf gebrochene Wahlversprechen, etwa, die Mehrwertsteuer nicht zu erhöhen, aber erinnert auch an die brutale Entmachtung von SPD-Chef Kurt Beck. Die SPD habe die Themen, die die Menschen wirklich bewegen – etwa das Thema Sicherheit und die „Angst vor Überfremdung“ nicht ernst genug genommen.

„Wenn die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes meinen, die regierenden Politiker würden sich für ihre wahren Sorgen überhaupt nicht mehr interessieren, ja, sie hätten in der Masse sogar den Kontakt zu den ganz normalen Menschen verloren, dann haben wir ein ernsthaftes Problem. Vor allem dadurch lässt sich der rasante Aufstieg der AfD erklären, als Konsequenz auf das völlige ordnungspolitische Versagen beider Volksparteien, in erster Linie aber der SPD“, so Saleh.

Schulz im Stich gelassen

SPD-Chef Martin Schulz lobt Raed Saleh als einen Kanzlerkandidaten, der ein echtes Bedürfnis der Menschen „etwas Neuem, Echtem, Kantigem, Handfesten“ bedient habe, der dann aber „in das Räderwerk der Funktionäre gekommen“ sei. Schulz sei im Stich gelassen worden, unter anderem von Hannelore Kraft, die ihm im Wahlkampf keine Bühne geben wollte. Besonders scharf greift Raed Saleh „die Funktionäre, Karrieristen und Apparatschiks“ der Partei an, die Schulz schlecht beraten und ihn dazu gedrängt hätten, jemand zu sein, der er nicht war.

Namentlich genannt wird niemand - gemeint ist offenbar nicht zuletzt SPD-Generalsekretär Hubertus Heil und das engere Beraterteam um Martin Schulz. Der „Spiegel“-Journalist Markus Feldenkirchen hatte Schulz während des Wahlkampfes eng begleitet und in einer am vergangenen Samstag erschienenen Titelgeschichte detailreich über die Vorgänge in diesem Kreis berichtet.

Kritik an Gabriel

Einen Satz, mit dem Hubertus Heil in der Spiegel-Geschichte zitiert wird, nennt Saleh nun als besonders abschreckendes Beispiel, wie Schulz „der Lächerlichkeit preisgegeben“ worden sei: Er habe nicht mehr von den Vereinigten Staaten von Europa, sondern nur noch von den Vereinigten Demokratien von Europa sprechen dürfen.

Direkt verantwortlich gemacht für die Misere der Partei wird aber auch der ehemalige Parteichef Sigmar Gabriel. Als Wirtschaftsminister habe Gabriel „bedenkenlos weiter deutsche Waffen in die Welt verkauft“, so Saleh und zählt Gabriel zu jenen Personen, „die den schleichenden Niedergang der SPD zu verantworten hatten“.

Zentrales Thema für die Zukunft: Sicherheit

Die SPD müsse nun wieder eine echte Volkspartei werden, die die Sprache der normalen Menschen spreche und ihre Sorgen ernst nehme, so Saleh. Als zentrales politisches Thema der kommenden Jahre nennt Saleh die Sicherheit. Mit der Angst der Bevölkerung vor „kultureller Überfremdung“ müsse Politik offensiv umgehen, aber auch Wohnungsnot, Lehrermangel, Löhne, und die Sicherheit der Rente angehen. Zur Bekämpfung der Fluchtursachen fordert Saleh eine andere Friedens- und Entwicklungspolitik.

Den vollständigen Essay von Raed Saleh lesen Sie am Sonntag im Tagesspiegel oder schon am Samstag ab 19.30 Uhr im E-Paper.

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