Junckers Investitionsprogramm: Berlin zweifelt am "Hebel"
EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker möchte mit anfänglich 21 Milliarden Euro insgesamt Investitionen in Höhe von 315 Milliarden zur Ankurbelung der Wirtschaft in der EU mobilisieren. Doch die Bundesregierung bezweifelt, dass dies gelingt.
Die Bundesregierung zweifelt daran, ob das geplante Investitionsprogramm des EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker tatsächlich im gewünschten Umfang privates Kapital in neue Projekte wie den Ausbau der digitalen Infrastruktur oder der Energienetze pumpen kann. In einer Weisung des Wirtschaftsministeriums an die Ständige Vertretung Deutschlands in Brüssel heißt es, in Junckers Investitionspaket würden „enorme Hebelwirkungen“ zur Mobilisierung von Privatkapital angenommen, „deren Erreichung fraglich ist“.
Die „Hebelung“ ist eine der Methoden, derer sich die EU schon öfter bedient hat, wenn es darum geht, durch den Einsatz öffentlicher Mittel noch einmal ein Vielfaches an Privatkapital anzulocken. So sah auch der Euro-Rettungsschirm EFSF einen Hebel vor, der aus 440 Milliarden Euro mehr als eine Billion machen sollte. Allerdings blieb das Interesse privater Investoren seinerzeit hinter den Erwartungen zurück. Auch bei Junckers Programm spielt der Hebel eine wichtige Rolle: Aus anfänglichen 21 Milliarden Euro aus der EU-Kasse sollen am Ende mithilfe privater Investoren 315 Milliarden werden.
Dass dies gelingen kann, wird in Berlin bezweifelt. In der Weisung, die das Wirtschaftsministerium vergangene Woche an die Ständige Vertretung nach Brüssel schickte, wird kritisiert, dass „wesentliche Punkte des Investitionsplans unklar“ seien. Grundsätzlich sei der Juncker-Plan aber zu begrüßen, weil er ohne neue Schulden auskommt, heißt es weiter in dem Schreiben, das als Diskussionsgrundlage für ein Treffen der Vertreter der EU-Mitgliedstaaten diente.
Merkel, Hollande und Co. wollen beim Gipfel über den Plan diskutieren
Derzeit wird im Kreis der Mitgliedstaaten der EU-Gipfel am 18. und 19. Dezember vorbereitet. Bei dem Treffen ist eine Aussprache zwischen Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Frankreichs Staatschef François Hollande und den übrigen Staats- und Regierungschefs über Junckers Investitionsprogramm geplant. Bei einem der Vorbereitungstreffen sagte der Vertreter Deutschlands Mitte November laut einem so genannten Drahtbericht des Auswärtigen Amtes, es dürften „keine unrealistischen Erwartungen im Hinblick auf öffentliche Investitionsprogramme geweckt werden“.
Dagegen erwarten Länder wie Frankreich, Spanien und Italien von dem Investitionsprogramm erhebliche Wachstumsimpulse. Am vergangenen Montag hatte Hollande bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy in Paris erklärt, das Volumen des Investitionspaket müsse noch vergrößert werden.
Unterdessen forderte der europapolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Manuel Sarrazin, die Bundesregierung auf, das Investitionsprogramm offensiv zu unterstützen. „Wenn die Bundesregierung jetzt beim Juncker-Plan für Investitionen auf die Bremse tritt, enttäuscht sie alle ihre EU-Partner ohne Not“, sagte er.