Klimadebatte in Berlin und in Madrid: Berlin ruft als erstes Bundesland Klimanotlage aus
Der Ausstoß soll bis 2050 um über 85 Prozent sinken. Grüne: Reine Show. Ministerin Schulze verteidigt in Madrid das Klimapaket. Eine Zusammenfassung vom Tag.
In Berlin gilt ab sofort die Klimanotlage. Darauf haben sich die Mitglieder des rot-rot-grünen Senats am Dienstagvormittag geeinigt. Dem Beschluss zufolge sollen künftig alle Entscheidungen der Landesregierung unter dem sogenannten Klimavorbehalt stehen. Weitere konkrete Maßnahmen sollen unter anderem in einer Novelle des Energiewendegesetzes beschlossen werden. Berlin ist das erste Bundesland, das diesen Schritt geht.
Die wegen organisatorischer Probleme in der antragstellenden Senatsverwaltung für Umwelt um eine Woche verspätete Entscheidung löste zwischen den Koalitionären heftige Debatten aus. Von „lebendigen Diskussionen“ sprach Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) im Nachhinein.
Zuvor hatte dessen Parteikollege und Leiter der Senatskanzlei, Christian Gaebler, die Initiative der Umweltsenatorin Regine Günther (Grüne) noch während der laufenden Senatssitzung als „reine Show“ bezeichnet. Tatsächlich kritisierten mehrere Senatoren von SPD und Linken, dass bereits beschlossene Maßnahmen für den Klimaschutz entschlossener umgesetzt werden müssten, anstatt neue Ziele zu beschließen.
Dem Vorschlag Günthers, die bestehende Zielmarke von 85 Prozent CO2-Reduktion bis 2050 auf 95 Prozent im Vergleich zu 1990 zu erhöhen, erteilte der Senat eine Absage. Am Ende einigte sich die Landesregierung auf „mehr als 85 Prozent CO2-Reduktion“. Darüber hinaus wurde Günther aufgefordert, bis Mitte Januar einen Zeit- und Maßnahmeplan vorzulegen, wie die Vorgaben erfüllt werden können.
Derweil war Bundesumweltministerin Svenja Schulze bei den UN-Klimaverhandlungen in Madrid für das umstrittene Klimapaket der großen Koalition. „Unser Klimaschutzgesetz stellt künftig sicher, dass jeder Bereich zum Klimaschutz beiträgt“, sagte die SPD-Politikerin am Dienstag.
Wasserstoff-Sekretariat
Das Klimaschutzprogramm sei ein „massives Innovations-, Investitions- und Modernisierungsprogramm“. Zudem kündigte die Umweltministerin an, dass Deutschland seine Finanzhilfe für die Anpassung von ärmeren Ländern an den Klimawandel erneut aufstockt. Die Bundesregierung will zusätzlich 30 Millionen Euro für den Anpassungsfonds bereitstellen.
Im Jahr davor waren es 70 Millionen Euro. Am Rande der Konferenz stellte Schulze außerdem die Gründung eines deutschen Wasserstoffs-Sekretariats vor. Es soll Partnerschaften in andere Länder betreuen, um dort die Produktion von grünem Wasserstoff voranzutreiben. Geplant ist, diesen mit erneuerbaren Energien hergestellten Wasserstoff nach Deutschland zu transportieren.
In Madrid versammeln sich derzeit die Regierungsvertreter, um die Klimapolitik ihrer Länder zu erläutern. Staatschefs sind in Madrid allerdings kaum anwesend, auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) fehlt. Die aktuelle Notlage sei offensichtlich noch nicht verinnerlicht worden, beklagte daher Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan.
Auch ein in Madrid vorgestelltes Länder-Ranking der Organisation Germanwatch kommt zu dem Schluss, dass die Bemühungen der Staaten nicht ausreichen. Deutschland landet mit Rang 23 im Mittelfeld, konnte sich im Vergleich zum Vorjahr aber leicht verbessern.
An der Spitze steht zum dritten Mal in Folge Schweden, gefolgt von Dänemark und Marokko. Saudi-Arabien, traditionelles Dauerschlusslicht in dem Ranking, wurde von den USA abgelöst. Die Autoren gaben Ratschläge an die Bundesregierung, wie sie ihre Klimapolitik verbessern könne: So müsse der Ausbau der Windkraft wieder in Gang kommen und die Verkehrswende in Schwung gebracht werden.