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Zschäpe keine Mörderin? Ihre Verteidiger begründen die Revision mit der These, sie sei keine Mittäterin bei den NSU-Verbrechen gewesen.
© imago images/Sebastian Widmann

Revision gegen Urteil im NSU-Prozess: Beate Zschäpe soll keine Mörderin gewesen sein

Die Verteidiger der mutmaßlichen NSU-Terroristin verneinen in der Revision die Mitschuld Zschäpes – und machen dem Gericht Vorwürfe.

Auf den Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe kommt eine Frage mit enormer juristischer Bedeutung zu. Kann eine Frau zehnfache Mörderin sein, obwohl sie an keinem Tatort war? Die Verteidiger von Beate Zschäpe halten das für undenkbar und bestreiten, was der 6. Strafsenat des Oberlandesgerichts München in seiner schriftlichen Begründung von Ende April zum Urteil im NSU-Prozess erklärt.

Am Montag lief nun die Frist für die Anwälte ab, die für ihre Mandantin eingelegte Revision zu begründen. Im Verfahren zu den Verbrechen der Terrorzelle NSU beginnt das nächste Stadium. Sollte der BGH das Urteil aufheben, wäre ein zweiter Prozess fällig.

„Mich überzeugt die These des Gerichts von der Mittäterschaft Zschäpes genauso wenig wie beim mündlichen Urteil“, sagte Verteidiger Mathias Grasel. Die Chance auf einen Erfolg der Revision sei „höher als die Durchschnittsquote von drei Prozent“.

Die von Zschäpe im Prozess geschasste, aber weiter im Verfahren tätige Anwältin Anja Sturm hält das Urteil für lückenhaft. Die Richter hätten die These, Zschäpe sei mit Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos Mitglied einer terroristischen Vereinigung gewesen, über die zweifelhafte Aussage des Mitangeklagten Holger G. begründet.

Verteidigerin wirft Gericht vor, Aussage des Kronzeugen nicht geprüft zu haben

G. hatte nach seiner Festnahme 2011 der Polizei gesagt, Zschäpe, Böhnhardt und Mundlos hätten sich vor dem Gang in den Untergrund für den bewaffneten Kampf ausgesprochen. Das Gericht habe nie geprüft, ob Holger G. die Aussage gemacht habe, um als Kronzeuge weniger schwer bestraft zu werden, kritisiert Sturm. Sie hält den Richtern zudem vor, sie sprächen im Urteil von schriftlichen Notizen der drei Untergetauchten zur Ausspähung von Opfern, obwohl es auch hier keine Erkenntnisse zu Zschäpes Beteiligung gebe.

Richter bescheinigten Zschäpe besondere Schwere der Schuld

Das Oberlandesgericht hatte im Juli 2018 Zschäpe nach mehr als fünf Jahren Prozess zu lebenslanger Haft verurteilt und eine besondere Schwere der Schuld festgestellt. Zschäpe wurde die Mittäterschaft bei den Morden, Sprengstoffanschlägen und Raubüberfällen von Böhnhardt und Mundlos bescheinigt. Zschäpe habe mit den Männern „die arbeitsteilige Durchführung der jeweiligen Tat geplant“, heißt es im Urteil.

Für die Richter steht fest, dass Zschäpe mit den Komplizen die Auswahl der Opfer plante, aber mit Absicht zuhause blieb, um den Männern den Rückzugsraum zu sichern.

Carsten S. nahm Revision zurück und verbüßt Haftstrafe

Holger G., der den NSU unter anderem mit einem manipulierten Reisepass unterstützte und drei Jahre Haft bekam, hat ebenfalls Revision eingelegt. Verteidiger Stefan Hachmeister schickte auch am Montag die Revisionsbegründung ab, „weil der Angeklagte es so wollte“. Überzeugt zu sein schien der Anwalt nicht, sprach aber von fragwürdigen „Schlussfolgerungsketten“ im Urteil.

Die Anwälte der Angeklagten Ralf Wohlleben und André Eminger haben bis Freitag Zeit, die Revisionsbegründung zu senden, das schriftliche Urteil ging bei ihnen später ein. Das Gericht hatte Wohlleben wegen der Beschaffung der Mordwaffe Ceska 83 zu zehn Jahren Haft verurteilt. Mit der Pistole hatten Böhnhardt und Mundlos neun Migranten türkischer und griechischer Herkunft erschossen.

André Eminger kam im Urteil glimpflich davon, das Gericht verhängte gegen den Neonazi nur zweieinhalb Jahre Haft. Der Angeklagte hatte dem NSU Bahncards besorgt. Die Bundesanwaltschaft hatte zwölf Jahre gefordert und nach dem Richterspruch Revision eingelegt. Aus Sicht der Ankläger war Eminger ein enger Vertrauter der Terrorzelle und hat diese deutlich stärker unterstützt. Die Begründung der Revision hat die Bundesanwaltschaft bereits abgeschickt.

Der Angeklagte Carsten S. hatte Anfang 2019 die Revision zurückgenommen und sitzt in Haft. Der ehemalige Rechtsextremist hatte im Prozess gestanden, gemeinsam mit Wohlleben den Kauf der Ceska 83 für die Terrorzelle erledigt zu haben. Carsten S. war der einzige Angeklagte, der im Prozess umfassend aussagte und zugleich seine Tat bereute.

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