Gewerkschaften warnen vor „Impfpflicht durch die Hintertür“: Bayerns Gesundheitsminister dringt auf Ende der Lohnfortzahlung für Ungeimpfte
Im Streit um Entgeltersatz bei Ungeimpften in Quarantäne pocht Bayerns Ressortchef auf eine bundeseinheitliche Lösung. Die Gewerkschaften sind erbost.
Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek will ein gemeinsames Vorgehen der Länder bei der Streichung des Entgeltersatzes für Ungeimpfte in Quarantäne vereinbaren. Es gebe die Regel im Bundesinfektionsschutzgesetz, wonach der Anspruch auf Entschädigung entfällt, wenn eine öffentlich empfohlene Impfung möglich ist, sagt der CSU-Politiker in der ARD. „Es geht jetzt um das Datum, wann man die (Regel) gemeinsam umsetzt.“
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Laut Holetschek, der auch Vorsitzender der Gesundheitsministerkonferenz ist, sei genügend Impfstoff da. „Jedem, dem es zumutbar ist und wo keine gesundheitlichen Gründe dagegen sprechen, kann sich impfen lassen und damit auch die Quarantäne vermeiden“, sagte er. Es gebe jetzt in der Pandemie zwei Möglichkeiten: „Entweder lasse ich mich impfen oder ich werde mich infizieren.“
Zuvor hatte Holetschek mangelnde Solidarität bei Impfunwilligen kritisiert. „Klar ist: Jeder darf sich impfen lassen, niemand muss“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Wer sich aber bewusst gegen eine Impfung entscheide, obwohl medizinisch nichts dagegen spreche, handle unsolidarisch. Dann könne er von der Solidargemeinschaft auch keine Entschädigung verlangen.
Gewerkschaften sind erbost
Derweil kritisierten Gewerkschaften entsprechende Vorhaben vieler Bundesländer. Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann sagte im Deutschlandfunk, das wäre eine „Impfpflicht durch die Hintertür“. Im Zweifel müssten hier auch Gesundheitsdaten offengelegt werden. Viele arbeitsrechtliche Konsequenzen würden nicht bedacht.
Zudem kritisierte Hoffmann, es werde ein Konflikt auf Beschäftigte und Betriebe verlagert. Besser als Druck auf Ungeimpfte sei es, für das Impfen zu werben. Es sei ein Gebot der Solidarität sich impfen zu lassen, aber nicht mit dem Instrument, den Entgeltersatz zu streichen.
Auch Verdi-Chef Frank Werneke hatte vor einer „Impfpflicht durch die Hintertür“ gewarnt. „Die Politik steht im Wort, dass Impfen freiwillig bleiben soll“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Demnach sei die von Arbeitgeberverbänden und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn ausgelöste Debatte kontraproduktiv. Wie DGB-Chef Hoffmann warnte Werneke davor, dass der Streit die Konflikte in Betriebe und Belegschaften verlagere und für Verunsicherung sorge.
Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften leisteten laut Werneke seit Monaten einen aktiven Anteil daran, das Impftempo in Deutschland zu beschleunigen. „Arbeitgeber sind nun gefordert, nachdrücklich für Impfungen zu werben und sie in der Arbeitszeit zu ermöglichen“, forderte Werneke.
Einigung für kommende Woche angestrebt
In dem Konflikt wollen Bund und Länder in Kürze eine gemeinsame Regelung vorlegen. Laut Gesundheitsminister Spahn wollen die Gesundheitsminister der Länder am Mittwoch kommender Woche eine übergreifende Einigung erzielen.
Für diesen Tag ist eine Videokonferenz der Gesundheitsministerinnen und -minister von Bund und Ländern angesetzt. Bei der Neuregelung geht es um einen Passus im Infektionsschutzgesetz. Demnach bekommen Menschen, die auf behördliche Anweisung in häusliche Isolation müssen, dadurch nicht arbeiten können und keinen Lohn mehr erhalten, eine staatliche Entschädigung in Höhe des Verdienstausfalls.
Keine Entschädigung erhält laut Gesetz allerdings, wer den Ausfall durch Inanspruchnahme einer empfohlenen Schutzimpfung hätte vermeiden können. Bisher wurde in diesen Fällen trotzdem gezahlt, nicht zuletzt weil in der Vergangenheit nicht genügend Corona-Impfstoff zur Verfügung stand. Einige Bundesländer haben allerdings inzwischen ein Ende der Lohnersatzleistungen beschlossen - oder ziehen dies in Erwägung, wie etwa Hessen. Die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ist davon unabhängig. (dpa, AFP)
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