Nachfolge von Gregor Gysi: Bartsch und Wagenknecht sollen Linksfraktion führen
Dietmar Bartsch und Sahra Wagenknecht sollen von Herbst an die neuen Chefs der Linksfraktion im Bundestag werden. Gregor Gysi ermahnt beide zur Kooperation.
Die Nachfolger von Gregor Gysi als Vorsitzender der 64-köpfigen Linksfraktion im Bundestag stehen fest. Parteichefin Katja Kipping wird wie erwartet gemeinsam mit ihrem Ko-Chef Bernd Riexinger die bisherigen stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch für die am 13. Oktober geplante Wahl vorschlagen. Das bestätigte der stellvertretende Parteivorsitzende Tobias Pflüger auf Facebook. Die Wahl des neuen Duos in der Fraktion gilt als sicher. Der 57-jährige Bartsch gilt als führender Repräsentant des Reformerflügels in der Partei. Die 45-jährige Wagenknecht vertritt den linken Flügel.
Der scheidende Fraktionschef Gysi ermahnte die beiden Abgeordneten zur Kooperation. Bartsch und Wagenknecht "müssen nach ihrer Wahl deutlich machen, dass sie die Vorsitzenden der gesamten Linksfraktion sind", schrieb er im Kurznachrichtendienst Twitter. Er sei sich sicher, dass beide "guten Willens sind und es schon deshalb auch schaffen werden". Gysi hatte Bartsch und Wagenknecht vor der Entscheidung im geschäftsführenden Parteivorstand zu seinen Wunsch-Nachfolgern erklärt.
Im geschäftsführenden Parteivorstand gab es keine Gegenstimme, aber zwei Enthaltungen. "Damit haben wir es geschafft, einen reibungslosen Übergang für eine neue Fraktionsführung zu schaffen", sagte Riexinger. Parteichefin Kipping setzt darauf, dass die beiden die unterschiedlichen Flügel in der Fraktion zusammenführen. Eine Fraktion, die nur "als Konföderation von einzelnen Strömungen" auftrete, bleibe weit hinter ihren Möglichkeiten zurück, sagte sie.
Die Parteivorsitzenden haben laut Wahlordnung der Fraktion das Vorschlagsrecht. Eine entsprechende Regelung war 2005 getroffen worden - damals hatte PDS-Chef Lothar Bisky so die Gelegenheit, Oskar Lafontaine und Gysi zur Wahl als gleichberechtigte Fraktionschefs vorzuschlagen. Vier Jahre amtierten die beiden gemeinsam, nach dem Rückzug von Lafontaine führte Gysi die Linksfraktion allein. Der 67-Jährige hatte am vorvergangenen Sonntag auf dem Linken-Bundesparteitag in Bielefeld angekündigt, im Herbst nicht erneut für das Amt des Fraktionschefs zu kandidieren. Im Bundestag will er bleiben, eine Kandidatur bei der Wahl 2017 hält Gysi sich offen.
Aus Sicht des stellvertretenden SPD-Bundesvorsitzenden Ralf Stegner rückt eine rot-rot-grüne Koalition im Jahr 2017 in weite Ferne, wenn nun Wagenknecht, langjährige Wortführerin der Kommunistischen Plattform, den langjährigen Linken-Fraktionschef Gysi ablöst. "Die Fähigkeit, Brücken zu bauen, hat sie bisher jedenfalls gut verbergen können“, sagte Stegner am Montag im WDR 5 Morgenecho. So äußere sich Wagenknecht öffentlich deutlich schärfer gegenüber der SPD als gegenüber jeder anderen Partei. Stegner kritisierte, dass Wagenknecht bislang nicht den Eindruck erweckt habe, als ob man ihr vertrauen könne. "Gregor Gysi ist der einzige Politiker der Linkspartei, der Popularität jenseits seiner Parteizugehörigkeit erreicht hat, und das bekommt man nur mit einer gewissen Autorität", sagte der stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende.