Katalonien-Krise: Barcelona bereitet sich auf neue Ausschreitungen vor
Katalanische Separatisten fordern die spanische Zentralregierung zu Verhandlungen auf. Radikale Unabhängigkeitsbefürworter wollen erneut demonstrieren.
Nach der fünften Krawall-Nacht in Serie im katalanischen Unabhängigkeitskonflikt hat die spanische Zentralregierung den separatistischen Regionalpräsidenten Quim Torra erneut zu einer klaren Verurteilung der Gewalt aufgefordert. Auf den Vorschlag von Torra für ein Treffen mit dem sozialistischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez antwortete Madrid am Samstag, erst müsse das Gesetz respektiert werden, dann könne es auch einen Dialog geben. Torra hatte sich am Mittwoch zwar für ein Ende der Gewalt ausgesprochen, diese aber nach Ansicht der Zentralregierung nicht ausdrücklich verurteilt.
Barcelona macht sich derweil auf neue Ausschreitungen gefasst. Arran, eine Bewegung junger und radikaler Befürworter der Unabhängigkeit Kataloniens, rief zu einer neuen Demonstration „gegen Unterdrückung“ am Samstag auf. „Das kann nicht so weitergehen, das hat Barcelona nicht verdient“, sagte die linke Bürgermeisterin Ada Colau und verurteilte „jegliche Arten von Gewalt“.
Allein in Barcelona wurden nach Angaben der Rettungskräfte bei den Ausschreitungen am Freitag und in der Nacht auf Samstag 152 Menschen verletzt. Spanische Behörden bezifferten die Verletztenzahl seit Beginn der Proteste am Montag auf 500 Menschen in der gesamten Region. Das spanische Innenministerium meldete 83 vorläufige Festnahmen in der Nacht auf Samstag. In den vergangenen Tagen waren bereits 128 Demonstranten festgenommen worden.
Polizei forderte Touristen auf, die Innenstadt zu meiden
AFP-Reportern zufolge ähnelte die Hauptstadt Kataloniens einem Schlachtfeld. Nachdem eine halbe Million Menschen friedlich protestiert hatten, war die Situation am Freitagabend in Barcelona eskaliert. Radikale Demonstranten, die Barrikaden errichtet hatten, warfen Steine und Metallgegenstände auf Polizisten. Die Beamten reagierten mit dem Einsatz von Tränengas und Gummigeschossen. Dutzende Pflastersteine wurden aus den Gehwegen gerissen.
Flüge wurden gestrichen, Läden und beliebte Touristenattraktionen Barcelonas blieben geschlossen und Demonstranten blockierten Hauptverkehrsrouten. Die Polizei appellierte in einer auf Englisch verfassten Mitteilung im Online-Dienst Twitter, die Innenstadt zu meiden.
In den vergangenen fünf Tagen waren in der gesamten Region Menschen auf die Straßen gegangen, nachdem Spaniens Oberster Gerichtshof am Montag Haftstrafen von bis zu 13 Jahren gegen prominente katalanische Politiker und Vertreter der Zivilgesellschaft wegen „Aufruhrs“ verhängt hatte.
Es ging dabei um ihre Rolle bei dem umstrittenen Referendum zur Unabhängigkeit Kataloniens im Jahr 2017, das eine Erklärung der Regionalregierung zur Loslösung von Spanien sowie anschließend die Absetzung der Regierung und die Zwangsverwaltung durch Madrid zur Folge hatte. (dpa,AFP,Reuters)