Katalonien-Konflikt: Puigdemont meldet sich aus Brüssel – Unruhen in Barcelona halten an
Barcelona kommt nicht zur Ruhe, am Freitag wird der Flughafen bestreikt. In Brüssel meldete sich Regionalpräsident Puigdemont zu Wort.
Der frühere katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont hat sich am Freitagmorgen bei der Polizei in Brüssel gemeldet, nachdem Spanien einen internationalen Haftbefehl gegen ihn erneuert hatte. Puigdemont habe dies aus freien Stücken getan, hieß es in einer Erklärung seines Büros. Er widerspreche den Vorwürfen der spanischen Justiz.
Der frühere Separatistenführer war 2017 nach Belgien geflohen. Die spanische Justiz wirft ihm Aufruhr und Zweckentfremdung öffentlicher Gelder vor. Einem früheren Auslieferungsbegehren waren die belgischen Behörden nicht gefolgt.
Puigdemont war 2018 in Deutschland festgenommen worden, aber nach einigen Tagen Haft wieder freigekommen. Später hob das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht den Auslieferungshaftbefehl auf. Am Montag hatte die spanische Justiz den internationalen Haftbefehl reaktiviert.
Unruhen nach Verurteilung katalanischer Separatistenführer
Unterdessen reißen die Proteste in Katalonien gegen die Verurteilung von neun Separatistenführern zu langjährigen Haftstrafen nicht ab.
Auch am Donnerstagabend setzten Anhänger der Unabhängigkeitsbewegung im Zentrum der katalanischen Hauptstadt Barcelona unter anderem Müllcontainer sowie Tische und Stühle von Straßencafés in Brand. Vereinzelt kam es zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei. Die Beamten wurden erneut mit Steinen und Böllern beworfen, wie spanische Medien berichteten.
Verhindern konnte die Polizei Zusammenstöße zwischen den Separatisten, die nach Unabhängigkeit für die wirtschaftlich starke Region im Nordosten Spaniens streben, und Rechtsradikalen, die eine Gegenkundgebung veranstalteten. Nach Schätzungen des spanischen Fernsehens waren auch nach Mitternacht in Barcelona noch viele Tausend Unabhängigkeitsbefürworter unterwegs. Demonstrationen gab es am Donnerstag auch in anderen katalanischen Städten, darunter in Girona und Lleida.
Es war bereits die vierte Nacht in Serie mit Straßenprotesten und Ausschreitungen, nachdem das Oberste Gericht in Madrid am Montag neun Separatistenführer zu Haftstrafen von bis zu 13 Jahren verurteilt hatte. Neben friedlichen Kundgebungen Tausender Unterstützer einer Abspaltung der Region von Spanien kam es auch immer wieder zu Krawallen mit Dutzenden Verletzten und Festnahmen.
Am Freitag hat zudem ein Generalstreik aus Protest gegen die Haftstrafen für neun Separatistenführer begonnen. Am Flughafen von Barcelona wurden mehrere Dutzend Flüge vor allem der Gesellschaften Iberia und Vueling gestrichen.
Supermarktkette geschlossen, mehr Sicherheitskräfte am Bahnhof
Viele Passagiere seien vorsorglich fünf bis sechs Stunden vor ihrem Flug zum Airport El Prat gekommen, berichtete das spanische Fernsehen. Auch Hafenarbeiter und Angestellte der VW-Tochter Seat legten die Arbeit nieder; die große katalanische Supermarktkette Bonpreu blieb ebenfalls geschlossen.
Der Zugverkehr verlief zunächst normal, allerdings seien die Sicherheitskräfte etwa am Hauptbahnhof von Barcelona verstärkt worden, hieß es. Demonstranten blockierten schon am Morgen mehrere Straßen der abtrünnigen Region. Im Laufe des Tages wurde mit weiteren Demonstrationen und Protestaktionen gerechnet.
Am Nachmittag sollten fünf „Märsche für die Freiheit“ Barcelona erreichen. Die Teilnehmer hatten sich vor einigen Tagen in verschiedenen Teilen der Region in Richtung ihrer Hauptstadt aufgemacht, wo eine Großkundgebung geplant ist.
„Das muss sofort aufhören“
Der separatistische Regionalpräsident Quim Torra hatte die Gewalt in der Nacht zum Donnerstag erstmals kritisiert. „Das muss sofort aufhören. Es gibt weder einen Grund oder eine Rechtfertigung dafür, Autos in Brand zu stecken, noch für andere vandalische Aktionen“, sagte er in einer vom Fernsehen übertragenen Erklärung.
Die sozialistische Zentralregierung von Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez weist die Forderungen konservativer Kräfte zurück, Katalonien erneut unter Zwangsverwaltung zu stellen, wie es schon nach dem Unabhängigkeitsreferendum vom Herbst 2017 geschehen war. (dpa)