zum Hauptinhalt
Katalanische Demonstranten werfen einen Tränengas-Behälter zurück auf die Polizei.
© REUTERS/Jon Nazca
Update

Straßenkämpfe in Barcelona: Mehr als 180 Verletzte bei Protesten in Katalonien

Die Proteste von Befürwortern der Unabhängigkeit in Katalonien reißen nicht ab. Nachts kam es zu gewaltsamen Zusammenstößen. Es könnte noch schlimmer kommen.

Bei den gewaltsamen Protesten von Unabhängigkeitsbefürwortern sind in der spanischen Region Katalonien mehr als 180 Menschen verletzt worden. Wie die Rettungskräfte am Samstag mitteilten, wurden allein in Barcelona 152 Verletzte gezählt. Das spanische Innenministerium meldete zudem 83 vorläufige Festnahmen im Zusammenhang mit den Demonstrationen, die am Freitagabend vor allem in Barcelona eskaliert waren.

Barcelona erlebte die gewalttätigste Nacht seit dem Wiederaufflammen des katalanischen Unabhängigkeitskonflikts am vorigen Montag. Die Zusammenstöße zwischen Separatisten und der Polizei ließen in der Regionalhauptstadt erst nach Mitternacht in der Nacht zum Samstag nach. Es war bereits die fünfte Nacht in Serie, in der teils mit Gewalt gegen die Verurteilung von neun Separatistenführern der abtrünnigen Region im Nordosten Spaniens demonstriert wurde.

Der katalanische Innenminister Miquel Buch sagte dem TV-Sender La Sexta in der Nacht zum Samstag, „eine solche extreme Gewalt“ habe es in Katalonien „noch nie gegeben“. „Das sind natürlich keine Separatisten, das sind Gewalttätige“, die es aber nicht schaffen würden, die Befürworter der Unabhängigkeit „zu besudeln“, so der Vertreter der separatistischen Regionalregierung.

Mindestens 152 Menschen wurden den amtlichen Angaben nach in Barcelona verletzt, darunter drei Polizisten und zwei Journalisten. In ganz Katalonien waren es 180 Verletzte. Das spanische Innenministerium meldete zudem 83 vorläufige Festnahmen im Zusammenhang mit den Demonstrationen

Die Zahl der gewalttätigen Demonstranten wurde auf mehr als 4000 geschätzt. Unter ihnen seien rund 400 organisierte Chaoten, wie Innenminister Fernando Grande-Marlaska sagte. Die Behörden vermuten, dass einige von ihnen aus anderen Regionen Spaniens und möglicherweise auch aus dem Ausland angereist sind. Grande-Marlaska warnte, man werde das Strafrecht gegen Gewalttätige „mit aller Härte anwenden“. Haftstrafen von bis zu sechs Jahren seien möglich.

Vermummte und dunkel gekleidete Antifa-Aktivisten, die in dieser großen Zahl erst seit kurzem an den Separatisten-Protesten teilnehmen, errichteten auch am Freitagabend brennende Barrikaden. Sie rissen Verkehrsschilder aus, setzten Müllcontainer in Brand und bewarfen die Polizisten mit Steinen, Eiern und anderen Gegenständen. Die Polizei setzte unter anderem Gummigeschosse, Tränengas und erstmals auch Wasserwerfer ein. Der öffentlich-rechtliche TV-Sender RTVE sprach von einer „wahren Schlacht“.

24-stündiger Generalstreik

Hunderttausende hatten zuvor am Freitag im Zentrum von Barcelona friedlich für die Freilassung der Verurteilten und für das Recht auf Selbstbestimmung der Katalanen demonstriert. Die Teilnehmer allen Alters sangen in ausgelassener Stimmung auch die katalanische Hymne. Die Stadtpolizei schätzte die Zahl der Teilnehmer auf 525.000. Separatistische Gewerkschaften hatten zudem einen 24-stündigen Generalstreik veranstaltet, der von sehr Vielen befolgt wurde.

Es war bereits die fünfte Krawall-Nacht in Serie, nachdem das Oberste Gericht in Madrid am Montag sieben ehemalige Politiker der Konfliktregion und zwei Anführer ziviler Organisationen des Aufruhrs für schuldig befunden hatte. Wegen ihrer Rolle bei dem als illegal eingestuften Abspaltungsreferendum vom Oktober 2017 wurden sie zu Gefängnisstrafen von bis zu 13 Jahren verurteilt. Seither gibt es in Katalonien massive Proteste von Separatisten.

Ein Ende der Proteste ist derweil nicht in Sicht. Die katalanische Tageszeitung „La Vanguardia“ zitierte in der Samstagausgabe Sprecher der Regionalpolizei Mossos d'Esquadra, die sogar „eine Zunahme der Straßengewalt befürchten“. Für das Wochenende waren aber vorerst keine neuen offiziellen Protestkundgebungen angesetzt. (dpa)

Zur Startseite