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IS zerstört Kulturerbe: Barbarei in Serie

Der "Islamische Staat" fährt mit Planierraupen durch Nimrud. Wo antike Ruinen standen, gibt es nur noch Schutthaufen. Die Barbarei der Dschihadisten verschlägt den Atem. Das Ausmaß des Kulturverlusts ist gewaltig. Ein Kommentar.

Sie wüten schlimmer als die schlimmsten Kolonialherren. Sie töten ihre Opfer auf bestialische Weise, sie zerstören Kulturgüter, als wäre es ihnen eine Lust. Die Gräuel des „Islamischen Staats“ richten sich gegen jeden und alles, nicht nur gegen den Westen. Die Enthauptung von Geiseln, die Verbrennung von Kriegsgefangenen, die Zerstörungen im Museum mit dem Presslufthammer – die Terroristen filmen den Horror.

Eine Schreckenstat nach der anderen kündigen sie an und machen es im Namen Gottes wahr. Viele stammen aus europäischen Gesellschaften. Diese Aussteiger gehen nicht nach Indien, um die sexuelle Befreiung zu erleben. Sie hauen ab zum Islamischen Staat, nach Syrien und in den Irak, wo sie alles abwerfen, was man Zivilisation nennt, und Hass fressen. Selbsthass.

Permanente Eskalation

Es ist eine permanente Eskalation. Die totale Negation wird vorgeführt, im höhnischen Triumph. Der IS fährt mit Planierraupen durch Nimrud. Wo antike Ruinen standen, bleiben nur Schutthaufen zurück. Nimrud ist tausende Jahre alt, benannt nach einem Jäger, der in der Genesis erwähnt wird.

Ninive, Babylon, Uruk: Schon der Klang der Namen rührt an die Geschichte der Menschheit. Von Abraham, dem Stammvater der drei Schriftreligionen, heißt es, er stamme aus Ur. In Mesopotamien liegen die Grundsteine der westlichen Kultur, sie entspringt dem Orient. Es ist der Ursprung.

Und die Barbarei geht in Serie. Wird der Schmerz deshalb geringer? Nein, es tut bitter weh, verschlägt den Atem. Als läge Rom in Trümmern. Man wird den militärischen Einsatz gegen den IS erhöhen müssen. Sie sprengen Schreine und Moscheen, zerschlagen Statuen. „Dort, wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen.“ Heinrich Heines Wort hat sich noch immer bestätigt. Es beschreibt die Logik von Faschisten. Dazu gehört das Geschäft mit den Objekten der Verachtung.

Traditionslinien ausradieren

Der IS geht planvoll vor, wie die Nationalsozialisten auf ihren Beutezügen. In den Stätten des Weltkulturerbes an Euphrat und Tigris wird nicht nur plattgewalzt, sondern auch geplündert. Kleinere Artefakte transportieren sie in Lastwagen ab. Was sich nicht bewegen lässt, dient dem Fanal. Daran haben die Bombenangriffe der USA und ihrer Verbündeten wenig geändert – dass der IS Menschen abschlachtet und die Traditionslinien ganzer Länder ausradiert. Die Islamisten verdienen am Handel mit den unersetzlichen Antiken. Allerdings sind im Irak lange schon Raubgrabungen zu beklagen. Der Markt boomt, die Abnehmer sitzen in Sicherheit. Und was passiert an der unsichtbaren Front, hier, bei uns?

Krieg der Welten

Allmählich entwickelt sich in Deutschland ein breiteres Bewusstsein dafür, dass der illegale Kunsthandel attackiert werden muss. Die Bundesrepublik gilt als großer Umschlagplatz. Mehrere Institute suchen nach Instrumenten, mit denen Raubkunststücke aus dem arabischen Kriegsgebiet identifiziert und sichergestellt werden können. Gesetze werden vorbereitet. Das kommt alles sehr spät. Der IS und andere Terrorbanden haben von der Indolenz der westlichen Staaten profitiert, die gern vom universalen Erbe sprechen, aber nichts tun. Die US-Armee stellt jetzt eine Kulturschutztruppe nach dem Beispiel der „Monuments Men“ aus dem Zweiten Weltkrieg auf. Sie soll im Irak eingesetzt werden. Das zeigt das dramatische Ausmaß des Kulturverlusts in diesem Krieg der Welten.

Rüdiger Schaper

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