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Auf der Insel Nauru leben rund 10000 Einheimische. Australiens Regierung lässt dort zudem hunderte Bootsflüchtlinge internieren.
© AFP

Ausweisung auf Pazifikinseln: Australiens Hölle für Flüchtlinge

Die Regierung in Canberra lässt Menschen, die mit Booten anlanden, auf Pazifikinseln internieren – und zahlt dafür. Jetzt belegen Dokumente aus Nauru: Der Alltag dort ist geprägt von Missbrauch und Schikane.

Die Flüchtlingspolitik Australiens wird von den UN und Menschenrechtlern regelmäßig als menschenunwürdig verurteilt. Jetzt hat es die Regierung in Canberra mit einem handfesten Skandal zu tun: 2000 Dokumente, die dem britischen „Guardian“ zugespielt wurden, zeigen offenbar, wie schrecklich die Lage, der Flüchtlinge ist, die von Australien auf abgeschottete Inseln im Pazifik abgeschoben werden. Die sogenannten „Nauru Files“ dokumentieren, dass tätliche Übergriffe, sexueller Missbrauch, Selbstverletzungen und Selbstmordversuche an der Tagesordnung sind. Besonders betroffen sind demnach Kinder. Noch nie zuvor sei das Ausmaß der Gräuel so deutlich geworden, heißt es im „Guardian“. In den Dokumenten werde ein „Bild routinierter Dysfunktion und Grausamkeit“ gezeichnet.

Australien weigert sich, Flüchtlinge aufzunehmen, die die Küsten des Landes per Boot erreichen. Die Küstenwache patroulliert zwischen Indonesien und Australien und zwingt Flüchtlingsboote zur Umkehr. Sind die Boote nicht mehr seetüchtig, werden die Menschen in Rettungsboote umquartiert. Bootsflüchtlinge, die die Überfahrt geschafft haben, werden in Flüchtlingslagern fernab des australischen Festlands auf der Pazifikinsel Nauru oder der Insel Insel Manus in Papua-Neuguinea festgehalten. Australien bezahlt die beiden Staaten dafür. Die Asylsuchenden in den Lagern von Nauru und Manus stammen mehrheitlich aus Afghanistan, dem Iran und dem Irak. Die meisten hatten versucht, aus Indonesien mit dem Boot nach Australien zu gelangen.

Mehrere Fälle von sexueller Gewalt

Die Dokumente bestehen aus Berichten des Personals auf der Insel Nauru und umfassen 8000 Seiten. Sie umspannen den Zeitraum zwischen Mai 2013 und Oktober 2015. Mehr als die Hälfte der 2116 Berichte dokumentieren Vorfälle mit Kindern. Darunter sind sieben Fälle sexuellen Missbrauchs, 59 Übergriffe auf Kinder und 30 Vorfälle, wonach sich Kinder selbst verletzt haben. Einer der Berichte dokumentiert, wie ein Wärter einen Jungen packte und ihm drohte, ihn zu töten, sobald er außerhalb des Lagers leben werde. In anderen wird geschildert, wie die Kinder von den Wärtern geschlagen würden. Im September 2014 soll ein Mädchen aus Verzweiflung ihre Lippen zugenäht haben. Ein Wärter soll dabei über sie gelacht haben. Ein weiteres Mädchen schrieb im Jahr 2014 in ihr Schulbuch, dass sie müde sei, das Lager nicht möge und „sterben will“. Ein anderer Aufseher soll nur längere Duschzeiten erlaubt haben, wenn er den Jungen und Mädchen dabei zusehen durfte.

Viele der Kinder sind den Berichten zufolge traumatisiert. Aktuell sollen 49 Kinder in dem von Australien geführten Lager in dem pazifischen Inselstaat Nauru mit seinen 10000 Einwohnern festgehalten werden – zeitlich unbefristet. Einige sind bereits seit drei Jahren dort. Insgesamt leben 442 Menschen in dem Lager. Dort kommt es immer wieder zu dramatischen Szenen: Erst im Mai zündeten sich zwei Asylsuchende aus Protest an, einer der Flüchtlinge starb, eine Frau wird noch immer im Krankenhaus behandelt.

Österreich will Australien zum Vorbild nehmen

Durch die „Nauru Files“ steigt der Druck auf Premier Malcolm Turnbull und seine Regierung. Deren Asylpolitik ist auch im Land selbst teils umstritten. Die Regierung versprach einmal mehr Aufklärung, betonte aber auch, dass es sich bei den Berichten um Anschuldigungen und nicht um Fakten oder Ermittlungsergebnisse handle. Die Regierung machte gleichzeitig klar, dass sie ihren Kurs nicht ändern werde.

Trotz weltweiter Kritik daran gibt es in der europäischen Flüchtlingskrise Stimmen, die Australien zum Vorbild ausrufen. So sagte der österreichische Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP), die EU müsse dringend von Ländern wie Australien lernen. Flüchtlinge ohne gültige Papiere müssten auf Inseln an der Außengrenze der EU festgehalten und dann in Zentren sicherer Drittstaaten zurückgeschickt werden.

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