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Staatschef Hollande (links) hat Premierminister Valls mit einer Regierungsumbildung beauftragt.
© AFP

Frankreich: Aufwärts, Genossen

Frankreichs Staatschef François Hollande stärkt mit dem Rauswurf des umstrittenen Ministers Arnaud Montebourg seinen sozialdemokratischen Kurs im Kabinett – doch die Probleme des Landes bleiben. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albrecht Meier

Die Deutschen sind ärmer als der EU-Durchschnitt, sie sterben früher und haben keine Kinder. Es war ein Franzose, der vor einem Jahr dieses traurige Bild seiner Nachbarn gezeichnet hatte. Seine Name ist Jean-Luc Mélenchon. Mélenchons Tirade gegen Deutschland, das angeblich den Rest der EU mit seiner Sparpolitik überzieht und obendrein selbst an deren Folgen leidet, hat dem Chef der französischen Linkspartei nicht genutzt. In der vergangenen Woche warf der Oppositionspolitiker, entnervt von innerparteilichen Querelen und Wahlniederlagen, das Handtuch.

Ein ähnliches Schicksal ereilt jetzt einen Regierungspolitiker in Paris, der zwar nicht ganz so weit links steht wie Mélenchon – aber immer noch weit genug links, um Sätze zu sagen wie diesen: Frankreich habe nicht die Absicht, „sich nach den maßlosen Obsessionen von Deutschlands Konservativen zu richten“. Die Rede ist von Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg, der Bundeskanzlerin Angela Merkel auch schon mal „Politik à la Bismarck“ vorwarf. Bestenfalls wird man dem umstrittenen Minister zugute halten können, dass er der eigenen Meinung treu geblieben ist. Doch teilen braucht man sie keineswegs. Das Deutschland-Bashing von Politikern wie Montebourg und Mélenchon folgt einem populistischen Impuls: Je schlechter es im eigenen Land läuft, umso wortreicher muss die Verantwortung dafür irgendwo anders abgeladen werden. Im Zweifel bei Deutschland.

Der Staatschef plant Einsparungen - und hofft auf das Entgegenkommen der EU

Staatspräsident François Hollande teilt diese Analyse nicht. Er hat sehr wohl erkannt, dass auch Frankreich sich ändern muss, wenn es der Schuldenspirale entkommen will. Bis 2017 will Hollande 50 Milliarden Euro einsparen. Gleichzeitig will er die europäischen Partner in Berlin und Brüssel weichklopfen, damit sie ihm beim Schuldenabbau zumindest ein bisschen entgegenkommen. Bei dieser schwierigen Übung stören aus Hollandes Sicht Quertreiber wie Montebourg nur.

Hollande will es nicht mehr allen recht machen

Zum zweiten Mal innerhalb von fünf Monaten wird nun in Paris also das Kabinett umgebildet. Was auf den ersten Blick wie ein weiteres Krisensymptom anmutet, ist in Wirklichkeit ein Zeichen für Hollandes Lernprozess: Der Präsident hat sich von dem Gedanken verabschiedet, es auch im höchsten Staatsamt allen recht machen zu wollen, so wie er es schon in seiner Zeit als Parteichef der Sozialisten stets getan hatte. Mit dem Rauswurf von Arnaud Montebourg ist nicht nur Hollandes Rhetorik ein Stück sozialdemokratischer geworden – sein Kabinett ist es jetzt ebenfalls.

Trotz neuer Köpfe bleiben aber Frankreichs alte Probleme: Beim Wachstum verzeichnen die Statistiker zum zweiten Mal in Folge eine Stagnation, und die Arbeitslosigkeit klettert unaufhörlich weiter. Immerhin gibt es positive Signale von den Autobauern Renault und Peugeot – hier geht es dank eines harten Sparkurses aufwärts.

Für Hollande ist die Kabinettsumbildung in Paris lediglich ein politischer Befreiungsschlag. Die groß angelegte wirtschaftliche Wende, die der Präsident bei der Ankündigung einer arbeitgeberfreundlichen Politik zu Beginn des Jahres versprach, lässt weiter auf sich warten. Wenn sie doch irgendwann vor dem Ende von Hollandes Amtszeit 2017 kommen sollte, könnte es für den Präsidenten schon zu spät sein.

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