UN-Vollversammlung im Newsblog: Assad für Putin ein "Kämpfer", für Obama ein "Tyrann"
Ban Ki Moon forderte zum Auftakt der UN-Vollversammlung, den Krieg in Syrien zu beenden. US-Präsident Obama beschwor eine diplomatische Lösung. Lesen Sie hier die Ereignisse im Newsblog nach.
Der Krieg in Syrien war am Montag das Hauptthema bei der Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York. "Putin gibt den Takt an, nicht Obama", analysieren unsere Autorinnen Claudia von Salzen und Barbara Junge. Lesen Sie hier ihre Zusammenfassung und Einordnung der Debatte. Nachstehend können Sie die Ereignisse im Newsblog nachvollziehen.
Iran laut Präsident Ruhani zum Kampf gegen den Terror bereit: Irans Präsident Hassan Ruhani hat vor den Vereinten Nationen die Bereitschaft seines Landes zum Kampf gegen Terrorismus bekräftigt. „Wir stehen bereit, bei der Ausrottung von Terrorismus und der Anbahnung von Demokratie zu helfen“, sagte Ruhani. „So wie wir schon bei der Etablierung von Demokratien im Irak und in Afghanistan geholfen haben, so sind wir auch bereit dabei zu helfen, Demokratie nach Syrien und in den Jemen zu bringen.“ Dazu müssten die Länder der Region und der Welt sich zusammenschließen und auch ein „verbindlicher Vertrag“ müsse abgeschlossen werden. Aus Sicht von Ruhani liegen die Wurzeln dieses Terrorismus in den militärischen Interventionen der USA in Afghanistan und im Irak sowie in der Unterstützung der „unmenschlichen Aktionen“ Israels. Dass bislang keine Lösung unter anderem für den Krieg in Syrien gefunden worden sei, liege an „der internationalen Gemeinschaft, die es im Stich gelassen hat, den falschen Handlungen von neuen Akteuren in der Region und naiven zwischenstaatlichen Akteuren“.
Für Putin ist Assad ein Kämpfer gegen den Terror: Keine Überraschung beim Auftritt Wladimir Putins bei den Vereinten Nationen. Russland hält trotz aller Kritik aus dem Westen weiter am syrischen Diktator Baschar al-Assad fest. „Es ist ein großer Fehler, die syrische Regierung und ihre Armee infrage zu stellen“, sagte der russische Präsident in seiner Rede. „Sie kämpfen wahrhaft gegen die Bedrohung durch islamistische Terroristen.“ Putin schlug erneut eine internationale Koalition im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat vor. Die könne nach dem Modell der Anti-Hitler-Koalition im Zweiten Weltkrieg funktionieren. Es war die erste Rede Putins vor der UN-Vollversammlung seit zehn Jahren. Nur eine Stunde zuvor hatte US-Präsident Barack Obama Russland und Iran Gespräche über die Syrien-Krise angeboten - aber nur unter der Bedingung, dass Assad am Ende einer Übergangsphase von einem anderen Führer abgelöst wird. Putin verteidigte Assad als Kämpfer gegen islamistische Terroristen. Zugleich warf er dem Westen vor, für das Chaos in Libyen, dem Irak und auch Syrien verantwortlich zu sein.
Aus China nur Indirektes zu Syrien: In seiner ersten Rede vor den Vereinten Nationen hat der chinesische Präsident Xi Jinping den Bürgerkrieg in Syrien lediglich indirekt thematisiert. Ganz allgemein mahnte Xi eine internationale Zusammenarbeit bei Sicherheitsfragen an. Er erklärte, dass kein Land allein für "absolute Sicherheit" sorgen könne. "Wir sollten die Mentalität des Kalten Krieges hinter uns lassen", sagte er. Der chinesische Präsident nahm hingegen die Industrienationen beim Kampf gegen den Klimawandel in die Pflicht. Die entwickelte Welt habe eine "historische Verantwortung" und müsse Entwicklungsländern bei der Bewältigung der Folgen der Erderwärmung helfen, sagte Xi. Eine "intakte Umwelt" sei entscheidend für die Zukunft der Menschheit. Auch China werde seinen Beitrag dazu leisten.
Obama setzt auf Diplomatie in Syrien: „Obwohl militärische Kraft notwendig ist, ist sie nicht effizient. Die Lösung in Syrien kann nur durch die Diplomatie kommen“, sagte Obama. „Wie hat alles angefangen? Assad hat auf friedliche Proteste mit Waffen und Morden geantwortet. Er hat sogar Giftgas eingesetzt. Der Realismus sagt uns, dass wir einen Kompromiss brauchen. Er sagt uns aber auch, dass es nicht mit diesem Diktator geht.“ Auf das Verhältnis zu Russland eingehend sagte Obama, er wolle das Land trotz der Annexion der Halbinsel Krim nicht isolieren. „Die USA haben kaum wirtschaftliche Interessen in der Ukraine. Aber wir können nicht danebenstehen, wenn die Unabhängigkeit und Integrität der Ukraine schamlos verletzt werden.“ Russland habe sich selbst am meisten geschadet: „Das Ergebnis ist eine noch stärkere Westanbindung der Ukraine, der Fall des Rubels und der Flucht gut ausgebildeter Russen.“ Putin hätte anstelle dessen „wahre Diplomatie“ praktizieren sollen. Er selbst habe kein Interesse an einem neuen Kalten Krieg, betonte Obama, wohl aber an einem starken Russland, um mit ihm zusammenzuarbeiten.
US-Präsident Barack Obama hat den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad als „Tyrannen“ bezeichnet. Assad „wirft Fassbomben auf unschuldige Kinder“, sagte Obama in einer mit Spannung erwarteten Rede bei der UN-Generaldebatte am Montag. Es sei fragwürdig, Assad in dem jahrelangen Bürgerkrieg zu unterstützen, sagte Obama. Nach soviel Blutvergießen und Gemetzel könne es nicht einfach eine Rückkehr zum Status quo vor Beginn des Bürgerkrieges geben.
Obama zielte damit auf die Haltung Russlands als auch des Irans, die Assad beide als Machthaber akzeptieren und unterstützen. Moskau hatte sein militärisches Engagement in Syrien zuletzt massiv verstärkt. Russlands Präsident Wladimir Putin, der nach Obama sprechen sollte, sieht Assad als Garanten für den Zusammenhalt Syriens und den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat. Nach Ansicht Washingtons hat das Assad-Regime Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen begangen. Assad dürfe deshalb nicht Teil eines künftigen Regimes sein.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon: Es ist an Europa, bei der Flüchtlingskrise zu helfen. Zum Auftakt der Generaldebatte der UN-Vollversammlung hat UN-Generalsekretär Ban Ki Moon Staats- und Regierungschefs aufgerufen, den Krieg in Syrien zu beenden.
Vier Jahre Stillstand im UN-Sicherheitsrat und anderen Gremien seien dafür verantwortlich, dass die Situation in dem Land außer Kontrolle geraten sei, sagte Ban am Montag in New York. Er forderte insbesondere die USA, Russland, Saudi-Arabien, den Iran und die Türkei auf, ihren Einfluss zur Beilegung des Konflikts zu nutzen. Zugleich rief er Europa auf, mehr zur Bewältigung der Flüchtlingskrise zu tun. Nach dem zweiten Weltkrieg seien es die Europäer gewesen, die die Hilfe der Welt in Anspruch genommen hätten, sagte Ban. Jetzt sei es an Europa zu helfen.
„Wir sollten keine Zäune oder Mauern bauen, sondern gemeinsam gegen die Ursachen von Flucht und Vertreibung vorgehen.“ Weltweit seien derzeit 60 Millionen Menschen auf der Flucht, so viele wie noch nie. Ihnen müsse begegnet werden, wie es das Völkerrecht und die Menschenrechte verlangten und mit dem nötigen Mitgefühl, betonte Ban.
Er warnte zugleich vor einem Kollaps der globalen humanitären Hilfe. Weltweit seien derzeit mehr als 100 Millionen Menschen auf Unterstützung angewiesen, sechs Mal mehr als noch vor zwei Jahrzehnten. Von den 20 Milliarden Euro, die die UN zur Bewältigung der Not veranschlage, seien nur Bruchteile gezahlt worden. „Unser humanitäres System ist noch nicht zusammengebrochen, aber es ist pleite“, warnte Ban.
Kontaktgruppe soll Zukunft Syriens beraten. Russland hat am Montag ein Treffen einer Syrien-"Kontaktgruppe" unter Einschluss Washingtons und Moskaus angekündigt. Vizeaußenminister Michail Bogdanow sagte, er gehe davon aus, dass nach der Bildung von vier Arbeitsgruppen im schweizerischen Genf die "Kontaktgruppe der einflussreichsten ausländischen Mächte" im Oktober zusammenkommen könnte. Demnach sollen der Gruppe neben den USA und Russland auch Ägypten, der Iran, Saudi-Arabien und die Türkei angehören.
Böses Omen aus Afghanistan? Derzeit wird eine Intervention in Syrien diskutiert, ob mit Bodentruppen, einer Russland-USA-Koalition oder wie auch immer geartet. Dass militärisches Eingreifen in arabischen Krisenstaaten gehörig schief gehen kann, beweist aber nicht zuletzt Afghanistan. Ausgerechnet in den Stunden vor der Debatte kommt nun von dort die Meldung, dass die Taliban Kundus erobert haben sollen.
Die Lage in Syrien bleibt katastrophal. Das erklärt Andy Baker von Oxfam im Tagesspiegel-Interview.
Ohne Assad, mit Assad - und wenn ja, wie lange? Viele westliche Spitzenpolitiker haben zuletzt dafür plädiert, den syrischen Diktator Assad als notwendiges Übel im Kampf gegen den "Islamischen Staat" zu akzeptieren. Frankreichs Präsident François Hollande setzte am Sonntag am Rande der UN-Generalversammlung in New York aber einen anderen Akzent. Mit Assad werde es langfristig keinen Frieden geben, betonte er.
Iran schlägt USA Gefangenenaustausch vor. Drei US-Bürger sitzen im Iran in Haft. Irans Präsident Ruhani hat nun deren Freilassung in Aussicht gestellt - für ein Entgegenkommen der USA.
Russland prescht voran. Über Moskaus verstärktes militärisches Engagement für den syrischen Präsidenten Assad wurde zuletzt viel berichtet. Ob Putin aber auch bereit ist, wirklich aktiv gegen den IS vorzugehen ist eine bislang unbeantwortete Frage. Es wird viel darüber spekuliert, dass Putin in seiner Rede vor den Staatsoberhäuptern der Welt eine Allianz gegen die radikalen Islamisten vorschlagen wird. (dpa/AFP/epd)