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Afghanische Sicherheitskräfte vor wenigen Tagen in Kunduz.
© AFP
Update

Afghanistan: Taliban erobern Kundus

Die Taliban haben die Großstadt Kundus in Afghanistan angegriffen - und auch unter Kontrolle gebracht. Das ändert die Lage am Hindukusch grundlegend.

Die radikalislamische Taliban-Miliz hat Kundus erobert. Der Satz kommt knapp und klar: "Kundus ist gefallen". Internationale Quellen sprachen schon am frühen Nachmittag davon, dass die Taliban am Montag die Stadt im Norden Afghanistans vorerst unter ihre Kontrolle gebracht und auch den Flughafen besetzt haben - "ein Schlüsselereignis mit ausgesprochen schlechter Signalwirkung". Kundus ist ein wichtiges logistisches Drehkreuz und gilt als ein Symbol für die Regierung von Präsident Ashraf Ghani.

Am Abend kam die Bestätigung der Regierung in Kabul: „Die Stadt ist unglücklicherweise an die Taliban gefallen“, sagte der Sprecher des afghanischen Innenministeriums, Sedik Sedikki. Angeblich geht die afghanische Armee aber zum Gegenangriff über. „Die Regierungstruppen bereiten eine Offensive am Flughafen vor.“ Sedikki sagte weiter: „Verstärkung ist eingetroffen. Wir versuchen, die Stadt zurückzuerobern. Im Moment können wir keine Opferzahlen bestätigen.“ Der Flughafen ist noch unter Kontrolle der Regierung.

Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid teilte mit: „Nach der Eroberung des Polizei-Hauptquartiers und des Gouverneursgebäudes ist nun ganz Kundus als erste Hauptstadt einer Provinz unter unserer Kontrolle.“

Der Fall von Kundus ändert die Lage am Hindukusch grundlegend. Wenn die Taliban die Stadt einnehmen konnten, heißt das, dass sie sehr viele Kämpfer dort zusammen gezogen haben. Damit hatten offenbar weder afghanische noch internationale Kräfte gerechnet. Die Fähigkeiten der dortigen afghanischen Sicherheitskräfte gilt als eher unterdurchschnittlich. Wegen der besonderen Bedeutung müssten afghanische Armee und die internationale Mission "Resolute Support" jetzt dort Kräfte bündeln, um die Taliban wieder aus Kundus zu vertreiben.

Bereits seit Monaten versuchen die radikalislamischen Taliban, Geländegewinne zu machen und haben zwischenzeitlich immer wieder Verwaltungsdistrikte unter ihre Kontrolle gebracht. In Nord-Helmand im Süden des Landes wird immer wieder gekämpft. Dort haben die USA  aber noch massive Kräfte, die die afghanische Armee auch aus der Luft unterstützen können. Diese gibt es im Norden derzeit nicht.

Soldaten der Bundeswehr gehen mit ihrer Ausrüstung durchs Feldlager in Kundus in Afghanistan. Seit dem Abzug der Bundeswehr 2013 hat sich die Sicherheitslage dramatisch verschlechtert.
Soldaten der Bundeswehr gehen mit ihrer Ausrüstung durchs Feldlager in Kundus in Afghanistan. Seit dem Abzug der Bundeswehr 2013 hat sich die Sicherheitslage dramatisch verschlechtert.
© dpa

Reuters-Korrespondenten berichten im Laufe des Tages, wie Taliban-Kämpfer ihre Flagge auf dem zentralen Platz der Stadt hissten. Zuvor war bereits gemeldet worden, dass die Taliban einige Stadtteile der nordafghanischen Stadt eingenommen hatten. Im Verlauf des Tages hatten die Taliban erste Regierungsgebäude besetzt. "Bislang ist es ihnen gelungen, das Provinzratsgebäude in Kundus einzunehmen, was jetzt ihre Front ist“, hatte Provinzratsmitglied Ghulam Rabbani Rabbani am Montagmorgen gesagt.

„Sie haben auch das öffentliche Krankenhaus mit seinen 200 Betten eingenommen und dringen in Richtung der Provinz-Universität vor.“ Rund 120 Sondereinsatzkräfte seien auf dem Weg in die Stadt, um sich dem Kampf gegen die Taliban anzuschließen.

Ein Regierungsmitarbeiter, der anonym bleiben wollte, sagte: „Einige Polizeiposten in der Stadt sind ebenfalls eingenommen worden. Taliban-Kämpfer mit ihren Waffen sind überall in der Stadt. Viele Menschen fliehen in Richtung des Flughafens, der etwas sicherer ist.“

In der Nähe des Flughafens außerhalb der Stadt unterhielt die Bundeswehr bis vor ihrem Abzug vor zwei Jahren ein Feldlager. Provinz-Polizeisprecher Sajed Sarwar Hussaini sagte, die Stadt sei am Morgen aus mehreren Richtungen koordiniert angegriffen worden. „Wir haben Luftunterstützung angefordert.“

Die Taliban riefen Zivilisten dazu auf, bis zum Ende der Kämpfe in ihren Häusern zu bleiben. Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid teilte über Twitter mit, in dem eingenommenen Krankenhaus suchten Taliban-Kämpfer nach „verwundeten feindlichen Soldaten“. Einige Polizisten seien gefangen genommen worden. Die Taliban hätten Fahrzeuge und Waffen erobert und setzten ihren Vormarsch fort. (Mit AFP/dpa/Reuters)

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