Medizinerstreit: Ärztepräsident will Behandlungsverbote für Heilpraktiker
Heilpraktiker gefährden die Patienten, findet Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery. Invasive Eingriffe und Krebsbehandlungen müssten ihnen deshalb verboten werden.
Der Vorsitzende der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, hat gefordert, den Handlungsspielraum von Heilpraktikern so weit wie möglich zu beschränken.
„Zur Gefahrenabwehr für die Bevölkerung sollte man den Heilpraktikerberuf eigentlich ganz abschaffen“, sagte Montgomery dem Tagesspiegel. Da dies nicht durchsetzbar sei, müsse man wenigstens ihr Tätigkeitsspektrum begrenzen. „Man sollte ihnen alle invasiven Eingriffe verbieten“, verlangte der Ärztepräsident. Auch Krebsbehandlungen müssten Heilpraktikern untersagt werden.
Prüfungen sollen vereinheitlicht werden
Bisher dürfen Heilpraktiker über fast alle Fachgebiete hinweg therapieren und ihren Patienten beispielsweise auch Injektionen setzen. Nicht erlaubt ist ihnen nur die Tätigkeit in Zahnmedizin und Geburtshilfe sowie die Ausstellung von rezeptpflichtiger Arznei. Da die Ausbildung bisher von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich geregelt ist, sollen die Richtlinien für die Heilpraktikerprüfung nun vereinheitlicht werden.
Montgomery warnte jedoch davor, den Beruf durch diese neuen Regelungen aufzuwerten. „Wenn die Prüfungsabsolventen dann das Pseudosiegel eines staatlich geprüften Heilpraktikers bekämen, hielten wir das für eine ganz grobe Patiententäuschung“, sagte er. Die Prüfung sei nicht annähernd vergleichbar mit den Anforderungen an approbierte Mediziner.
"Den gegenwärtigen Irrsinn nicht länger hinnehmen"
Im Sommer starben in Brüggen nahe der holländischen Grenze drei krebskranke Menschen, nachdem ihnen ein Heilpraktiker dort einen experimentellen Wirkstoff gespritzt hatte. Daraufhin forderte eine 17-köpfige Expertengruppe um die Medizinethikerin Bettina Schöne-Seifert in einem „Münsteraner Memorandum“, den Beruf entweder ganz abzuschaffen oder ihn an bereits bestehende Heilberufe anzudocken und auf diese Bereiche zu beschränken.
"Wir wollten ausloten, wie ein solidarisches Gesundheitswesen verantwortlich und fair mit dem Clash zwischen gefährlicher Pseudowissenschaft und Selbstbestimmung umgehen sollte", fasste Schöne-Seifert das Ergebnis zusammen. "Um es deutlich zu sagen: Wir wollten den gegenwärtigen Irrsinn nicht länger hinnehmen."
Auch gegen Homöopathie als Kassenleistung
Im Sommer hatte sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) bereits gegen die Homöopathie gewandt, die allerdings auch von approbierten Medizinern angeboten wird. Da dieser Behandlungsmethode jeglicher Nutzennachweis fehle, habe sie nichts im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verloren.
Rainer Woratschka