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Nach der Bundestagswahl wird die CDU ohne Angela Merkel auskommen müssen. Wer sie künftig führt, wird nun entschieden.
© picture alliance/dpa

Historiker Andreas Rödder:: "Merkel ist unprätentiös und zugleich autoritär"

Ihr Machtrezept sei die "Anpassung an den rot-grünen Mainstream" gewesen, sagt Rödder. Nun brauche die CDU wieder ein klares Profil - und das könne Friedrich Merz liefern. 

Die Entscheidung über den künftigen CDU-Vorsitzenden ist nach Ansicht des Historikers Andreas Rödder über die Partei hinaus bedeutsam. „Bei dieser Wahl geht es um mehr als um die Zukunft der CDU. Das ist eine Richtungswahl nicht nur für die Partei, sondern auch für Deutschland und für Europa“, sagte der an der Universität Mainz lehrende Professor dem Tagesspiegel. Die CDU brauche „ein erkennbares inhaltliches Profil“ und müsse „ihre politische Breite wiedergewinnen“. Der künftige Vorsitzende müsse einen deutschen Beitrag zu einer politischen Strategie für Europa erbringen.

Es sei ein „einzigartiger Erfolg“, dass die langjährige Parteichefin und Bundeskanzlerin Angela Merkel über vier Legislaturperioden die Regierung geführt habe. „Der Preis, den die CDU dafür zahlt, ist der Verlust an inhaltlicher Substanz, weil Merkels Machtrezept in der Anpassung an den rot-grünen Mainstream lag“, meinte Rödder, der selbst CDU-Mitglied ist: „Merkels asymmetrische Demobilisierung der Wähler hat zu einer Sedierung der politischen Öffentlichkeit geführt und in der Folge zum Aufstieg der Alternative für Deutschland (Afd).“ Merkel gelte als unaufgeregte Krisenmanagerin, habe aber „immer wieder sprunghafte Augenblicksentscheidungen und Richtungswechsel vollzogen“, meinte der Historiker und fügte hinzu: „Sie ist unprätentiös und zugleich autoritär.“

Rödder sprach sich für die Wahl von Friedrich Merz aus. „Er ist derjenige Kandidat, der am ehesten eine unterscheidbare inhaltliche Profilierung der CDU in einer Zeit nach Merkel, also für die 20er-Jahre des 21. Jahrhunderts leisten kann“, sagte er. Merz könne der CDU „eine starke europapolitische und geostrategische Orientierung bieten“ und er könne sie „auch wieder als Partei der Ordnungspolitik stark machen“.

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Nach Rödders Meinung ist es ein großer Vorteil, dass der frühere Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag deutlich auftrete: „Für die politische Öffentlichkeit ist es belebend, wenn wir nicht immer unter dieser politischen Konsensglocke weitermachen, sondern unterschiedliche Positionen offen austragen.“

Der Historiker verteidigte auch den Entschluss von Merz, sich nach seiner Niederlage beim Kampf um den Vorsitz auf dem CDU-Parteitag 2018  nicht in den Dienst der Partei zu stellen. „Man hat ihn als beleidigte Leberwurst hingestellt“, sagte er. Aber Merz sei „drangeblieben und hat Steherqualitäten bewiesen, auch das entgegen den gängigen Vorurteilen“.

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