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Bei den Gesprächen zum Ukraine-Konflikt in Minsk haben sich die Konfliktparteien auf eine Waffenruhe und die Schaffung einer demilitarisierten Pufferzone geeinigt.
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Update

Ukraine-Konflikt: Armee und Separatisten einigen sich auf Pufferzone

Bei den Gesprächen zum Ukraine-Konflikt in Minsk ist Schaffung einer demilitarisierten Pufferzone vereinbart worden. In der ostukrainischen Rebellenhochburg Donezk ist unterdessen ein dritter russischer Hilfskonvoi eingetroffen.

Bei den Gesprächen zum Ukraine-Konflikt in Minsk haben sich die Konfliktparteien auf eine Waffenruhe und die Schaffung einer demilitarisierten Pufferzone geeinigt. "Wir haben ein Memorandum unterzeichnet", sagte der ukrainische Ex-Präsident Leonid Kutschma, der Kiew bei den Verhandlungen vertrat, am frühen Samstagmorgen in der weißrussischen Hauptstadt. Zentraler Punkt des Neun-Punkte-Programms ist der Rückzug beider Konfliktparteien auf 15 Kilometer von einer "Kontaktlinie". Damit werde eine demilitarisierte Zone von 30 Kilometern Breite geschaffen, sagte Kutschma.

Die Umsetzung dieser Maßnahme soll unter Kontrolle der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) geschehen. Das Programm sieht zudem vor, schwere Waffen und Ausrüstung wie Panzer und Artillerie aus dem Gebiet zu entfernen. Nur die OSZE soll zur Überwachung Drohnen einsetzen dürfen. Die ersten von insgesamt zehn Drohnen sollen in den kommenden Tagen aus Österreich geliefert werden. Verminte Gebiete sollen außerdem geräumt werden. Eine rund 800 Mann starke OSZE-Beobachtermission soll auch den ukrainisch-russischen Grenzbereich kontrollieren und sichern.

Separatisten: Regelung gilt nicht für Donezk und Lugansk

Der Separatistenführer Igor Plotnitski sagte, Ziel sei die Schaffung einer "Zone vollständiger Sicherheit". Er stellte klar, dass bei den Gesprächen nicht über den Status der abtrünnigen Regionen Donezk und Lugansk im Osten der Ukraine diskutiert worden sei. An den siebenstündigen Verhandlungen nahmen Vertreter Kiews, Moskaus, der Separatisten und der OSZE teil. Diese sogenannte Ukraine-Kontaktgruppe hatte sich bereits mehrfach in Minsk getroffen, um einen Ausweg aus dem blutigen Konflikt im Osten der Ukraine zu finden.

Neue Zusammenstöße in der Ostukraine

Am Samstag wurden aus der Ostukraine wieder Zusammenstöße zwischen den ukrainischen Streitkräften und den von Russland unterstützten Rebellen gemeldet. In der Stadt Donezk wurde eine Rüstungsfirma beschossen. Das Unternehmen Ukroboronprom stellt nicht nur Kriegsgerät her – auf dem Gelände lagern auch große Munitionsbestände. Ein Teil des Unternehmens fertigt chemische Produkte. Internet-Medien zeigten Videos, auf denen zwei heftige Explosionen zu sehen sind.

Aus Debalzewo in der Region Donezk wurden Kämpfe zwischen der ukrainischen Armee und Separatisten gemeldet. Die Rebellen versuchten, die Stadt einzunehmen. Laut dem ukrainischen Fernsehen kamen zwei Separatisten ums Leben, 20 Soldaten der Streitkräfte sollen verwundet worden sein.

Die ukrainische Nachrichtenagentur Unian meldete indes, russische Militärangehörige seien „in großer Zahl“ in der Nähe der südukrainischen Grenzstadt Nowoazowsk dabei, mehrere „Ausbildungszentren“ zu betreiben. Dort bildeten sie lokale Gruppen in Waffentechnik aus. Außerdem versuchten die Russen, „in den Uniformen ukrainischer Milizionäre“ in die wenige Kilometer entfernte Großstadt Mariupol zu gelangen. „Der gesamte Küstenstreifen am Asowschen Meer soll eingenommen und destabilisiert werden,“ schrieb die Agentur Unian. Bei dem letzten Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe am 5. September in Minsk war eine vage formulierte Waffenruhe vereinbart worden. Zudem wurde damals vereinbart, den Regionen im Osten der Ukraine mehr Autonomie zu gewähren. Das Parlament in Kiew verabschiedete daraufhin am Dienstag ein Gesetz, das Donezk und Lugansk einen Sonderstatus gewährt und Kommunalwahlen vorsieht. Zudem wurde ein Amnestiegesetz für Kämpfer beider Seiten beschossen.

Der russische Hilfskonvoi auf dem Weg in die Ukraine.
Der russische Hilfskonvoi auf dem Weg in die Ukraine.
© AFP

Rebellen weisen Autonomiegesetz zurück

Während das Autonomiegesetz von Moskau als "Schritt in die richtige Richtung" begrüßt wurde, wiesen die Separatisten es zurück und beharrten darauf, dass sie eine komplette Loslösung von Kiew anstrebten. Bei den ukrainischen Nationalisten stieß das Gesetz auf heftige Kritik. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hofft jedoch mit den Zugeständnissen an Russland, einen politischen Ausweg aus dem blutigen Konflikt zu finden, der seit April bereits mehr als 2600 Menschen das Leben gekostet hat.
Die ukrainischen Regierungstruppen hatten im Juli und August in wochenlangen Kämpfen weite Gebiete von den Separatisten zurückerobert, doch dann hatte sich das Blatt gewendet, und sie mussten mehrere Städte wieder aufgeben. Kiew warf daraufhin Russland vor, angesichts der drohenden Niederlage der Separatisten mit eigenen Truppen direkt in den Konflikt eingegriffen zu haben. Moskau wies dies zurück, doch berichteten auch zahlreiche Journalisten über russische Militärkonvois im Osten der Ukraine.

Dritter russischer Hilfskonvoi laut Moskau in der Ostukraine eingetroffen

In der ostukrainischen Rebellenhochburg Donezk ist unterdessen nach Angaben aus Moskau ein dritter russischer Hilfskonvoi eingetroffen. Die Wasser- und Lebensmittellieferungen seien "angekommen" und würden entladen, sagte ein Sprecher des russischen Katastrophenschutzministeriums am Samstag der Nachrichtenagentur AFP. Ein Sprecher des ukrainischen Verteidigungsministeriums sagte: „Weder der ukrainische Zoll noch die Grenzkontrollen haben der Einfahrt zugestimmt. Die Kolonne hat ohne Begleitung des Internationalen Roten Kreuzes ukrainisches Territorium befahren.“

Russland hatte erstmals Ende August ohne Zustimmung der ukrainischen Regierung einen Hilfskonvoi in die von prorussischen Separatisten kontrollierten Gebiete im Osten der Ukraine geschickt, ein zweiter folgte Mitte September. Die Ukraine und der Westen verurteilten das eigenmächtige Vorgehen Russlands damals. (mit AFP)

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