NSA-Untersuchungsausschuss: Ärger um Gutachten zur Snowden-Befragung
Die Bundesregierung rät in einem Gutachten davon ab, den ehemaligen Geheimdienstler Edward Snowden vor den NSA-Untersuchungsausschuss zu laden. Denn darunter könnten die deutsch-amerikanischen Beziehungen enorm leiden. Wie kommt das in Deutschland an?
Zumindest hat sich die Bundesregierung klar positioniert: „Für den Fall, dass Herr Snowden vom Untersuchungsausschuss in Deutschland vernommen werden würde, wäre mit erheblichen negativen Auswirkungen auf die deutsch-amerikanischen Beziehungen und insbesondere einer Beeinträchtigung der Kooperation mit US-Sicherheitsbehörden, die für die Sicherheit Deutschlands von grundlegender Bedeutung ist, zu rechnen.“ So steht es im Gutachten der Bundesregierung, das der NSA-Untersuchungsausschuss angefordert hat und das dem Tagesspiegel vorliegt. Darin heißt es weiter, dass „die außen- und sicherheitspolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschlands gegenüber dem möglichen Interesse des Untersuchungsausschusses an einer Vernehmung von Herrn Snowden in Deutschland überwiegen“.
In ihrer Begründung verweist die Bundesregierung auch darauf, dass es verschiedene Möglichkeiten gebe, Edward Snowden in Russland zu befragen: entweder direkt vor Ort, in einer Videokonferenz oder schriftlich. Allerdings sei für eine direkte Befragung vor Ort oder auch eine Videoschaltung die Zustimmung Russlands notwendig.
Eine Entscheidung über die Frage, ob Snowden als Zeuge geladen wird oder nicht, ist mit diesem Gutachten nicht gefallen. Es liegt nun am Untersuchungsausschuss zu klären, wie sie mit dem Gutachten umgehen. Grüne und Linke haben bereits angekündigt, trotz der ablehnenden Haltung den Beweisantrag zur Befragung Snowdens in Deutschland am kommenden Donnerstag zu stellen. Lehnt es die Bundesregierung dann unter Hinweis auf das Gutachten ab, die Bedingungen für eine Befragung Snowdens in Berlin zu schaffen, wollen die Grünen vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.
Fraktionsübergreifende Kritik an der Regierung
Allerdings sieht nicht nur die Opposition nach wie vor einen möglichen Ermessensspielraum der Regierung. „Ich persönlich halte es nach wie vor für rechtlich möglich, dass Edward Snowden auch in Berlin vom Ausschuss befragt werden kann“, sagte SPD-Obmann im Untersuchungsausschuss, Christian Flisek. Fest stehe, dass man ihn als Zeugen im Interesse zügiger Aufklärung möglichst bald befragen müsse. „Daher werden wir schon am Donnerstag im Ausschuss konkrete Beschlüsse zum weiteren Verfahren fassen.“
Der Vorsitzende des NSA-Untersuchungsausschuss, Patrick Sensburg (CDU), zeigte hingegen Verständnis für die Haltung der Bundesregierung. „Wir sind auf ein gutes Verhältnis gerade im Bereich der Sicherheitsbehörden zu den USA angewiesen, insofern kann ich die Abwägung der Bundesregierung zugunsten der transatlantischen Beziehungen verstehen“, sagte Sensburg. Er forderte, dass man sich eine Videobefragung Snowdens überlegen sollte.
Fraktionsübergreifend gab es dennoch Kritik am Verhalten der Bundesregierung. Zum einen, weil das Gutachten, das zwischen dem Bundesinnenministerium, dem Auswärtigen Amt, dem Justiz- und Verbraucherschutzministerium sowie dem Kanzleramt abgestimmt war, in seinen wesentlichen Teilen schon Tage vor dem Eintreffen beim Untersuchungsausschuss bekannt wurde.
Zum anderen waren die Ausschussmitglieder auch darüber irritiert, dass die Bundesregierung überhaupt hat prüfen lassen, ob den Parlamentariern strafrechtliche Konsequenzen drohten, wenn Sie Snowden befragen würden. Da die Bundesregierung das laut den Ausführungen im Gutachten nicht selbst hat prüfen dürfen, beauftragte sie eine US-Kanzlei und eine britische Sozietät – mit unterschiedlichen Ergebnissen. Die US-Kanzlei kommt zu dem Ergebnis, dass die Mitglieder des Untersuchungsausschusses in den USA strafrechtlich verfolgt werden könnten, wenn sie Snowden befragten, egal, ob per Video oder direkt, da sie ihn zum weiteren Geheimnisverrat anstiften würden. Die britische Kanzlei sieht hingegen sieht keine strafrechtliche Gefahr für die Parlamentarier nach britischem Recht.
Bosbach machte sich für eine Befragung außerhalb Deutschlands stark
Der US-Passus sorgte für einigen Ärger auch außerhalb des Untersuchungsausschusses. Wolfgang Bosbach (CDU), Vorsitzender des Bundestags-Innenausschusses, forderte alle Beteiligten auf, sich davon nicht beeindrucken zu lassen. „Von Drohungen, dass Parlamentarier, die Snowden als Zeugen befragen, mit Problemen bei der Einreise in die USA rechnen müssen, werden wir uns nicht einschüchtern lassen.“ Er glaube auch nicht, dass eine derartige Drohung bei seinen Kollegen tatsächlich Wirkung hinterlasse. „Es gibt ein parteiübergreifendes Aufklärungsinteresse und dem muss der Untersuchungsausschuss Rechnung tragen.“
Bosbach machte sich für eine Befragung Snowdens außerhalb Deutschlands stark. „Selbstverständlich ist Edward Snowden ein wichtiger Zeuge, der vom Untersuchungsausschuss befragt werden muss. Entscheidend ist aber nicht wo man ihn vernimmt, sondern was er zu den Spähaktivitäten der Amerikaner aussagt.“