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Das TV-Interview mit Staatschef Macron wurde von rund 20 Millionen Franzosen verfolgt.
© AFP

Ausgangssperre in Frankreich : Arbeiten ja, feiern nein 

Frankreichs Präsident Macron hat für viele Städte eine nächtliche Ausgangssperre verkündet. Seine Landsleute diskutieren ausgiebig über den Sinn der Maßnahmen.

Kein Restaurantbesuch nach 21 Uhr, kein Besuch bei Freunden – das öffentliche soziale Leben soll in der Nacht in Frankreich ab dem kommenden Samstag in Paris und dem Umland sowie acht weiteren städtischen Großräumen weitgehend zum Erliegen kommen. So sieht es die Ausgangssperre vor, die Präsident Emmanuel Macron am Mittwochabend bei einem Fernsehinterview verkündete, das von rund 20 Millionen Franzosen verfolgt wurde.  

Die neuen Einschränkungen im Kampf gegen die Pandemie sollen für vier Wochen gelten, möglicherweise auch länger. Verstöße gegen die nächtliche Ausgangssperre zwischen 21 und 6 Uhr sollen mit Strafen von 135 Euro geahndet werden. Milde zeigt die Regierung in Paris hingegen mit jenen, die in den kommenden Wochen auf Reisen gehen wollen: Wer etwa zu Allerheiligen einen Familienbesuch plant, muss nicht mit Beschränkungen rechnen.  

Dabei liegt eine Überlegung zu Grunde, die auch politische Entscheidungen zur Pandemiebekämpfung in anderen Ländern in Europa wie Großbritannien und Deutschland beeinflusst. Es geht darum,  vor dem Weihnachtsfest, bei dem in normalen Zeiten zahlreiche Familienbesuche anstehen, die exponentiell ansteigende Kurve der Infektionszahlen wieder abzuflachen. 

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In Großbritannien gab es eine Diskussion um einen möglichen „circuit break“-Lockdown, mit dem in besonders betroffenen Regionen in England nach dem Ratschlag eines wissenschaftlichen Beratungsgremiums die Kontrolle über das Virus wiederhergestellt werden könnte. Premierminister Boris Johnson will einen solchen Lockdown für die nächste Zeit nicht ausschließen. Auch in Deutschland hatte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erklärt, den Bürgern müsse klar sein, dass sie heute entschieden, ob Weihnachten noch in gewohnter Form stattfinden könne. 

Frankreich wäre allerdings nicht Frankreich, wenn nicht nach Macrons Ankündigung sofort wieder eine ausgiebige Debatte darüber begonnen hätte, wie die neuen Maßnahmen auszulegen sind und wer eine Ausnahmeregelung in Anspruch nehmen kann. Von den 18 bis 20 Millionen Menschen in Frankreich, die ab Samstag von der Ausgangssperre betroffen sind, sollen Beschäftigte mit nächtlichen Arbeitszeiten sowie im Gesundheitswesen und der Polizei ausgenommen werden. 

Auf Twitter wird der morgendliche Berufsverkehr aufs Korn genommen

Auf Twitter machten sich Nutzer reihenweise darüber lustig, dass der einsame oder zweisame Spaziergang in der Nacht aus virologischer Sicht gefährlicher sein solle als das Warten auf die Metro, dicht an dicht auf dem Bahnsteig im morgendlichen Berufsverkehr.  Allerdings folgen die von Macron verkündeten Maßnahmen tatsächlich der Devise: Arbeiten (und einen weiteren wirtschaftlichen Einbruch verhindern) ja, abendliches Feiern nein. 

Die Franzosen haben derweil schon während der ersten Welle der Pandemie Erfahrungen mit dem nun erneut verhängten Gesundheitsnotstand gesammelt, der dem Staatschef Macron weit gehende Befugnisse bei der Pandemiebekämpfung einräumt. Der Notstand galt bereits für die Zeit vom 23. März bis zum 10. Juli. Damals galt zeitweilig die Regel, dass etwa im Homeoffice Beschäftigte sich von ihrem Wohnort nur in einem Umkreis von einem Kilometer entfernen durften. Dabei musste eine Erklärung mitgeführt werden, in der die Gründe für das Verlassen der Wohnung – etwa zum Sporttreiben – aufgeführt wurden.  

Polemische Vergleiche mit der Nazi-Zeit

Wie die Bevölkerung jetzt die nächtliche Ausgangssperre annehmen wird, bleibt noch abzuwarten. Auf Twitter setzte die Journalistin Judith Waintraub jedenfalls schon einmal einen polemischen Ton. Sie schrieb davon, dass der „Ausweis“ mit den neuen Maßnahmen zurückkehre. Damit spielte Waintraub auf die Besatzung von Paris durch die Nazis und die Judenverfolgung an. Es ist keine Seltenheit, dass Verweise auf die Nazi-Zeit in der politischen Debatte in Frankreich als eine Art Totschlagargument benutzt werden.  

Nach den jüngsten Zahlen wurden zuletzt in Frankreich 22.591 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden registriert. Damit lag die Zahl zum dritten Mal innerhalb von sechs Tagen über dem Wert von 20.000. Wie bedrohlich das Infektionsgeschehen inzwischen ist, zeigt sich inzwischen auch in Straßburg, dem Sitz des Europaparlaments. Die eigentlich für die kommende Woche vorgesehene Plenarsitzung wurde abgesagt. Sie soll jetzt als Videokonferenz stattfinden. 

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