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Am Samstag demonstrierten Unterstützer von Netzpolitik.org in Berlin gegen das Vorgehen der Justiz. Nach Angaben der Polizei nahmen 1300, nach Angaben der Veranstalter 3000 Menschen an der Demonstration teil.
© Michael Körner

Ermittlungen gegen Netzpolitik.org: Anspruch auf Geheimhaltung ist nicht mehr zeitgemäß

Mit dem internationalen Terrorismus und der Digitalisierung wachsen die Geheimdienste. Umso wichtiger ist ihre Kontrolle. Dass sie lieber im Geheimen agieren wollen, ist ein Relikt der Vergangenheit. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Anna Sauerbrey

In Zeiten des internationalen Terrorismus sind die Geheimdienste wichtiger denn je. In Zeiten der Digitalisierung müssen sie stärker kontrolliert werden denn je. Aus diesem Widerspruch speist sich der Krach rund um geschwärzte und zurückgehaltene Dokumente, die der NSA-Untersuchungssausschuss des Bundestages gern sehen würde.

Und aus diesem Widerspruch speist sich nun auch der Streit um die Anzeige, die der Präsident des Verfassungsschutzes gegen unbekannt eingereicht hat und aufgrund derer die Bundesanwaltschaft gegen das Portal Netzpolitik.org ermittelt.

Die Geheimdienste zu kontrollieren, wird wichtiger

Mit der Bedeutung der Geheimdienste wachsen ihre Budgets und ihre Aufgaben, auch in Deutschland. Sie expandieren in die digitale Welt – darum ging es ja auch in den Dokumenten, die Netzpolitik.org veröffentlicht hat. Der Bundesnachrichtendienst (BND) soll nun auch für den Cyberspace zuständig sein (auch das alles übrigens frühzeitig nachzulesen bei Netzpolitik) und der Verfassungsschutz überwacht Social-Media-Profile.

Natürlich wäre es den Geheimen lieber, diese Veränderungen könnten im Geheimen geschehen. Doch gerade weil es revolutionäre Zeiten sind, gerade weil das Verhältnis von Sicherheit und Freiheit jeden Tag neu verhandelt wird, muss darüber öffentlich diskutiert werden.

Nicht nur Netzpolitik zeigt: Das nächste Leak kommt bestimmt

Die Zeit lässt sich nicht zurückdrehen. Der Grundsatz der Transparenz hat sich bereits so weit etabliert, dass die Dienste und ihr Anspruch auf absolute Geheimhaltung wie Relikte aus einer anderen Epoche wirken. Die große Empörung in allen politischen Lagern zeigt, dass es für staatstragende rechtliche Peitschenhiebe mit Verweis auf die Sicherheit des Landes kaum noch Sympathien gibt – und (zumindest keine offene) politische Rückendeckung.

Bewirkt haben harte Reaktionen bislang auch nichts. Julian Assange sitzt in der Botschaft Ecuadors fest, seine Plattform Wikileaks publiziert weiter. Edward Snowden sitzt in Russland fest. Seine Dokumente sorgen weiter für Unruhe.

Am Wochenende verteidigte der Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz seine Anzeige. Sie sei nötig gewesen, um die Arbeitsfähigkeit seines Hauses zu erhalten. Doch die Anzeige - und das muss Hans-Georg Maaßen klar gewesen sein - kann auch als Drohgebärde gewertet werden, mindestens gegen jene, die die Dokumente weitergegeben haben.

Die Kritik konzentriert sich mittlerweile auf Generalbundesanwalt Harald Range, der die Ermittlungen wegen Landesverrats nun erst einmal ruhen lässt. Der macht in der Tat keine gute Figur. Doch sollte Hans-Georg Maaßen die nächsten Tage und Wochen als Chef des Verfassungsschutzes politisch überleben, sollte auch er sich schnellstmöglich eine neue Kommunikationsstrategie überlegen. Das nächste Leak kommt bestimmt.

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