Anschlag auf Kölns Oberbürgermeisterin: Anklage fordert lebenslange Haft für Reker-Attentäter
Die Bundesanwaltschaft wertet den Messerangriff als Mordversuch. Der Täter verteidigt sich inzwischen selbst, weil er sich mit seinen Anwälten überworfen hat.
Die Anklage fordert die Höchststrafe: Im Prozess um den Messerangriff auf Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat die Bundesanwaltschaft lebenslange Haft für den geständigen Attentäter beantragt. Der 44-jährige Frank S. habe Reker im Oktober "in Tötungsabsicht" mit einem Jagdmesser angegriffen, sagte der Oberstaatsanwalt am Bundesgerichtshof, Lars Otte, am Donnerstag vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf. Das Urteil wird am 1. Juli erwartet.
S. hatte in dem Prozess gestanden, Reker am 17. Oktober 2015 einen Tag vor ihrer Wahl zur neuen Kölner Stadtchefin an einem Wahlkampfstand in Köln-Braunsfeld mit dem Messer angegriffen zu haben. Eine Tötungsabsicht bestritt er allerdings.
Mit dem Attentat habe er vielmehr ein Zeichen gegen die nach seiner Auffassung verfehlte Flüchtlingspolitik setzen wollen. Reker war bis zu ihrer Wahl zur Kölner Oberbürgermeisterin Sozialdezernentin der Domstadt und damit auch für die Betreuung und Unterbringung von Flüchtlingen zuständig.
Der Oberstaatsanwalt wies in seinem Plädoyer am Donnerstag die Argumentation des Angeklagten zurück. S. habe sich eines heimtückischen Mordversuchs aus niedrigen Beweggründen schuldig gemacht, sagte Otte. Bei der Tat habe der 44-Jährige hohe kriminelle Energie an den Tag gelegt, indem er den Anschlag längere Zeit vorbereitet und bei der Tat ein besonders gefährliches Bowiemesser verwendet habe, das einem "Kurzschwert" gleiche.
Dieses Jagdmesser habe er Reker "mit Wucht" in den Hals gerammt, sagte Otte. Es sei nur einem "glücklichen Zufall" zu verdanken, dass die parteilose Kommunalpolitikerin den Angriff überlebte. Reker habe "alle Schutzengel gebraucht, die in Köln-Braunsfeld unterwegs waren". Ihr Überleben nach dem Messerstich, der die Luftröhre nahezu durchtrennt und einen Knochen der Wirbelsäule verletzt hatte, sei eine "Millimetersache" gewesen.
Täter fühlt sich als Opfer
S. hatte in dem Verfahren bestätigt, dass er früher der rechten Szene angehört hatte. Sich selbst bezeichnete er als "wertkonservativen Rebell". Mit seinen beiden Pflichtverteidigern überwarf sich der zuletzt arbeitslose Maler und Lackierer während der zurückliegenden zehn Verhandlungstage. Einer der beiden Anwälte wurde zuletzt vom Gericht entpflichtet.
Seinen noch verbliebenen zweiten Verteidiger bezeichnete S. am Donnerstag als "linksradikalen Speichellecker". Die Vorsitzende Richterin Barbara Havliza wertete dies als Beleidigung und nahm die Äußerung ins Protokoll auf.
Heftige Kritik übte S., der sich seit seinem Streit mit den Anwälten selbst vor Gericht zu verteidigen versucht, am psychiatrischen Gutachter in dem Prozess. Dieser hatte dem geständigen Attentäter am Mittwoch eine paranoide und narzisstische Persönlichkeitsstörung bescheinigt, ihn aber zugleich als voll schuldfähig eingestuft. Dies sei ein "Gefälligkeitsgutachten" gewesen, sagte S. nun.
Zugleich gab er an, sich als Opfer eines "korrupten Systems" zu fühlen. Oberstaatsanwalt Otte hielt ihm daraufhin vor: "Sie sind kein Opfer, und Sie sind kein politisch Verfolgter". S. sei vielmehr ein Straftäter und habe "Angst verbreiten" wollen.
S. hatte nach dem Attentat vier weiteren Menschen auf dem Wochenmarkt teils schwere Stichverletzungen zugefügt. Er ließ sich schließlich widerstandslos festnehmen. Reker musste nach dem Attentat in der Kölner Universitätsklinik notoperiert werden. (AFP)
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