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Angela Merkel lauscht US-Präsident Trump
© dpa/Kay Nietfeld/Pool

Deutschland und die USA: Angela Merkels trotzige Selbstbehauptung

Der Graben zwischen den USA und Europa wird immer tiefer. Inzwischen gilt: Je energischer Trump etwas fordert, desto eher bekommt er es nicht. Ein Kommentar.

Vor einigen Wochen sah es sehr schlecht aus für Nord Stream 2. Die Ostseepipeline, die russisches Gas direkt nach Deutschland bringen soll, geriet immer stärker unter Druck, die Bundesregierung schien isoliert zu sein. Polen, die baltischen Republiken und die Ukraine verschärften ihre Kritik, die EU-Kommission torpedierte das Projekt, da es ihrer Ansicht nach die Abhängigkeit Europas von russischem Erdgas erhöht, das EU-Parlament hatte einen Baustopp verlangt, beide Gremien fordern seit langem eine Verschärfung der Gas-Richtlinie, dieser Forderung schloss sich schließlich auch Frankreich an. Die Gegner von Nord Stream 2 frohlockten und prophezeiten das baldige Ende des Projekts sowie der deutschen Regierung eine krachende Niederlage.

Doch es kam anders. Bundesregierung, EU-Kommission, Europäischer Rat und EU-Parlament einigten sich im sogenannten Trilog-Verfahren zwar auf eine Verschärfung der europäischen Gas-Richtlinie, was Deutschland ursprünglich hatte verhindern wollen, aber die Konsequenzen, die sich daraus für Nord Stream 2 ergeben, sind sowohl für Russland als auch Deutschland verkraftbar.

Rein theoretisch können nun auch Dritt-Unternehmen die Nutzung der Pipeline beantragen, was praktisch allerdings wegen des Verlaufs der Röhren kaum umsetzbar sein wird. Die verlangte Trennung der Pipeline wiederum zwischen Eigentümer und Lieferant könnte Moskau veranlassen, die Eigentümerrechte einfach von Gazprom auf Rosneft zu übertragen.

Mit anderen Worten: Nord Stream 2 wird jetzt definitiv gebaut, diesmal abgesegnet durch die entscheidenden Gremien der Europäischen Union. Die Gegner gucken buchstäblich in die Röhren, Deutschland hat sich in den wesentlichen Punkten durchgesetzt. Was war geschehen?

Isoliert war die Bundesregierung nie

Zum einen war offenbar die Einsicht gereift, dass Nord Stream 2 beileibe kein rein deutsches Projekt ist. Neben Wintershall und Uniper sind daran auch OMV (Österreich), Royal Dutch Shell (Niederlande und Großbritannien) sowie Engie (Frankreich) beteiligt. Auch Belgien, Griechenland und Zypern unterstützen das Projekt. Isoliert war die Bundesregierung nie.

Zum anderen darf sich die Bundesregierung für den Stimmungsumschwung wohl bei Richard Grenell bedanken, dem amerikanischen Botschafter in Deutschland. Der schrieb geharnischte Briefe, drohte mit Sanktionen, polterte und warnte mit einer Intensität, die viele in Europa sowohl er- als auch abschreckte. Am Ende fand sich kaum noch ein Kritiker, der mit dem hyperventilierenden Feuerkopf gemeinsame Sache machen wollte. Grenell überzog mit seinen Vorhaltungen dermaßen, dass er viele Europäer widerwillig und zähneknirschend in die Einigung mit Deutschland und gegen die USA trieb.

Ist das ein Trend? Ist der Graben zwischen den USA und Europa nach der Wahl von Donald Trump zum Präsidenten der Vereinigten Staaten bereits so tief, dass als Regel gelten kann: Je energischer Trump von Europa etwas fordert, desto eher bekommt er es nicht? Eine Mehrheit von Deutschen und Franzosen vertraut Russland und China heute mehr als den USA. Das müssen europäische Politiker bedenken, wenn sie – und sei es auch nur partiell – mit dem Trump-Camp gemeinsame Sache machen. Die Ablehnung seiner „America-first-Politik“ ist ausgeprägt und grenzüberschreitend. Jedes Einknicken vor Trumps Forderungen wird schnell als Schwäche interpretiert.

Nationalismus verbindet eben auch

Es gibt Ausnahmen. Die Regierungen der Visegrad-Staaten fühlen sich ihrem amerikanischen Mentor irgendwie nahe. Nationalismus verbindet eben auch, jedenfalls so lange man keine konkurrierenden Interessen hat. In den Kernländern der Europäischen Union jedoch gelten gute Beziehungen zur Trump-Administration als toxisch. Das verursacht eine selbstbehauptende Trotz-Reaktion.

Trump dringt darauf, dass Deutschland endlich das Zweiprozent-Ziel bei den Verteidigungsausgaben erfüllt? Ohne die Rabauken-Rhetorik könnten die Mehrausgaben leichter beschlossen werden. Trump bedrängt die Europäer, auch ihrerseits aus dem Atomabkommen mit dem Iran auszusteigen? Wer, wie die US-Regierung, ein solches Abkommen, das von allen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates plus EU und Deutschland mitgetragen worden war, einseitig aufkündigt, ohne einen Plan zu haben, wie das Mullah-Regime sonst von seinen Atomplänen abgehalten werden kann, sollte nicht überrascht sein, wenn die Sogwirkung solcher Manöver ausbleibt. Wer ähnlich einseitige Schritte geht, ob beim Truppenabzug aus Syrien oder Afghanistan, düpiert Bündnispartner und jene Länder, die Hauptbetroffene der Folgen der Bürgerkriege sind.

Trotz mag ein schlechter Ratgeber sein. Regierungen müssen in erster Linie die Interessen ihres Landes vertreten. Doch das ist zu puristisch gedacht. Eine Welt der Politik, die von Kränkungen und geballten Fäusten, Schmähungen und verletzten Gefühlen frei wäre, gibt es nicht. Trump spricht und tweetet wie ein Diktator, der das Recht hat, jedem seinen Willen zu diktieren. Dadurch produziert und verstärkt er, zumal in Europa, viele genau der Probleme, die zu bekämpfen er vorgibt.

Malte Lehming

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