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Angela Merkel und die Griechenland-Krise
© AFP
Update

Griechenland: Angela Merkel: "Samstag ist entscheidend"

Verhandeln, vertagen, verhandeln. Nachtsitzungen, Sondertreffen, Gipfel: Es bleibt kaum noch Zeit zur Verhinderung einer griechischen Pleite. Kanzlerin Angela Merkel besteht nun auf einer Lösung vor Börsenbeginn am Montag.

Das Schicksal Griechenlands in der Euro-Zone bleibt ungewiss. Auch am Donnerstag gab es vor einem Treffen der Euro-Finanzminister in Brüssel keine Annäherung zwischen den Geldgebern und der Regierung in Athen. Zur Sitzung legten beide Seiten zwei unterschiedliche Dokumente vor, die sie jeweils als Verhandlungsgrundlage betrachteten. Wegen der Differenzen zwischen Athen und den Gläubigern vertagten sich die Euro- Finanzminister am Donnerstag auf das Wochenende.

Umstritten bleiben unter anderem die Reform der Mehrwertsteuer und der Umbau des Rentensystems. Vor der Sitzung der Euro-Finanzminister hatte der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras nach den Angaben von Diplomaten bei einem Treffen mit Spitzenvertretern der Gläubiger in Brüssel erfolglos versucht, kurzfristig anstehende Zahlungsverpflichtungen Griechenlands auf den Euro-Rettungsfonds ESM umzusatteln. Das würde dazu führen, dass Verbindlichkeiten der Athener Regierung in die Zukunft verlagert werden.

Bereits zum Auftakt des Treffens der Euro-Finanzminister hatte der deutsche Ressortchef Wolfgang Schäuble (CDU) erklärt, er sei „nicht sehr zuversichtlich“ für das aktuelle Treffen mit seinen Amtskollegen. Dagegen sagte EU-Ratschef Donald Tusk, er habe „ein gutes Gefühl, dass die Griechenland-Geschichte ein Happy End haben wird“. Allerdings könnte ein derartiger Ausgang noch einige Tage auf sich warten lassen. Nach den Angaben von Diplomaten wollen sich die Finanzminister der Euro-Zone erst wieder am Samstag treffen, um dann einen möglichen Kompromiss auszuloten. Die Zeit könnte dann aber sehr knapp werden, um eine Pleite Griechenlands noch zu verhindern. Am kommenden Dienstag läuft das Hilfsprogramm für Hellas aus. Ohne Einigung verfallen anschließend die zur Verfügung stehenden Hilfsmilliarden der Gläubiger.

Anlass für gute Laune gibt es eigentlich keinen: Griechenlands Premier Alexis Tsipras und Kanzlerin Angela Merkel.
Anlass für gute Laune gibt es eigentlich keinen: Griechenlands Premier Alexis Tsipras und Kanzlerin Angela Merkel.
© Reuters

Als der österreichische Finanzminister Hans Jörg Schelling am Donnerstag zu den Beratungen über die Griechenland- Krise in Brüssel eintraf, erklärte er, dass am Sonntag die allerletzte Frist für eine Einigung im Schuldenstreit auslaufe. Der Grund: Wenn die Frist noch weiter nach hinten verschoben würde, bliebe für die anschließende parlamentarische Beratung kaum mehr ausreichend Zeit. Die Gläubiger erwarten vom Parlament in Athen vor Dienstag einen Beschluss über einige der geplanten Reformmaßnahmen. Zudem muss eine mögliche Vereinbarung von einigen Parlamenten in der Euro-Zone gebilligt werden; darunter sind der Bundestag und das finnische Parlament. Kommt es nicht zu einer Einigung, verfallen am kommenden Mittwoch jene insgesamt 18 Milliarden Euro aus dem zweiten Hilfsprogramm, die für Griechenland noch zur Verfügung stehen.

Die EZB sieht Notkredite kritisch

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte bei einem Treffen mit den Chefs des konservativen Parteien eine Einigung bis zur Öffnung der Finanzmärkte am Montagmorgen. „Der Eurogruppe am Samstag kommt eine entscheidende Bedeutung zu. Denn die Zeit drängt“, sagte Merkel am Freitagmorgen in Brüssel. „Wir setzen darauf, dass eine Einigung erreicht werden kann.“ Derzeit gewährleistet die Europäische Zentralbank (EZB) mithilfe von Notkrediten, dass in Griechenland genügend Bargeld zur Verfügung steht. Nach Angaben eines Insiders äußerte Bundesbank-Präsident Jens Weidmann in einer EZB-Telefonkonferenz Besorgnis über die andauernden Notkredite.

Nachdem sich die Euro-Finanzminister vertagt hatten, erwarteten Diplomaten, dass die Griechenland-Krise auch beim Treffen der Staats- und Regierungschefs der EU am Donnerstagabend zu einem Thema werden dürfte. Nach Angaben aus Regierungskreisen in Berlin könne es in diesem Kreis aber nicht um Details in den Verhandlungen zwischen Athen und den Gläubigern gehen.

Der griechische Premier Alexis Tsipras.
Der griechische Premier Alexis Tsipras.
© dpa

Kommt jetzt der "Grexit"? Da sich die Verhandlungen in Brüssel am Donnerstag in einer ganz entscheidenden Phase befanden, waren viele Politiker bemüht, jetzt nicht noch zusätzlich Öl ins Feuer zu gießen. Schließlich ist bei den Verhandlungen auch viel Psychologie im Spiel: Jedes falsche Wort könnte zu einer Verhärtung der Fronten führen – oder der Gegenseite einen Vorwand liefern, aus den Verhandlungen auszusteigen. So äußerte sich der Europaabgeordnete Markus Ferber angesichts der drohenden griechischen Zahlungsunfähigkeit sehr vorsichtig. Im „Deutschlandfunk“ antwortete der CSU-Mann auf die Frage, ob eine solche negative Lösung vielleicht besser für Europa wäre, dass man sich noch einmal an die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers im Jahr 2008 erinnern solle. Die Pleite sei zunächst als „Signal an die Banken, ihre Hausaufgaben zu machen“, gedacht gewesen und habe dann zur Überraschung vieler Beteiligter zu einer „Weltwirtschaftskrise ungeahnten Ausmaßes“ geführt.

Es gibt aber auch Ökonomen und Politiker, die eine Staatspleite für beherrschbar halten und als Chance für eine Stärkung der Währungsunion betrachten. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wird ihnen zugerechnet. Andere sehen darin nicht weniger als den Anfang vom Ende des europäischen Einigungsprojektes.

Albrecht Meier, Christopher Ziedler

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