Zukunft des "Soli": Angela Merkel düpiert die FDP
Angela Merkel will den Solidaritätszuschlag nicht abschaffen. Und auch nicht abschmelzen. Damit stellt sie sich in einem zentralen Punkt gegen die FDP. Und macht damit auch eine koalitionspolitische Aussage.
Auch Angela Merkel beherrscht den Basta-Ton. Die Kanzlerin hat mit ihrer Aussage, dass der Solidaritätszuschlag nicht abgeschmolzen werden soll, dem Koalitionspartner ein recht eindeutiges „Nein“ entgegengeschleudert. Die FDP will den „Soli“ am liebsten ganz abschaffen. Für den Wahlkampf der Liberalen ist die Abschmelzung des „Soli“ daher ein Eckpunkt, weil sie von steuerpolitischen Versprechungen nicht ganz lassen will. Aber mit Schwarz-Gelb wird das nicht kommen, das ist nun die klare Ansage der Kanzlerin, die dabei weder von Peer Steinbrück und der SPD noch von den Grünen Widerspruch zu erwarten hatte. Da die Zukunft des „Soli“ und die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen ein zentrales Thema der nächsten Legislaturperiode sein wird (kein besonders öffentlichkeitswirksames, aber ein für den politischen Betrieb immens wichtiges Thema), hat Merkel ihrem aktuellen Koalitionspartner damit auch ziemlich deutlich gemacht, wie offen sie für andere Bündnisse ist. Und das an einem Wochenende, an dem zwei mit den Grünen regierende Ministerpräsidenten der SPD – Hannelore Kraft und Thorsten Albig – sich ebenfalls offen zeigten für eine neuerliche schwarz-rote Ehe im Bund. Schwarz-Gelb ist im Bundesrat auf Jahre hinaus von einer Mehrheit weit entfernt. Der „Soli“ ist zwar unbefristet, in der allgemeinen politischen Wahrnehmung aber ist er an den Aufbau Ost gebunden (und damit mit der Erwartung verbunden, dass er eben nicht unendlich ist). Wenn er nun ab 2019 mit einer neuen Begründung versehen werden soll, stellt sich die Frage, ob die Ergänzungsabgabe weiterhin legitim ist und nicht die Einkommensteuer erhöht werden müsste. Und spätestens dann braucht eine Bundesregierung die Zustimmung des Bundesrats.
Merkel unterstützt schwächere Länder
Merkel ist offenkundig dafür, den "Soli" auch nach 2019 zu erheben. Das muss die FDP noch mehr schmerzen als das Basta mit Blick auf die kommende Wahlperiode und die mögliche Abschmelzung. Die Kanzlerin hat nämlich in ihrem Interview mit der „Welt am Sonntag“ – wenn auch vorsichtig – ihre Unterstützung für die Deutschlandfonds-Idee der thüringischen Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) ausgedrückt. Damit hat die Kanzlerin auch der CSU eins vor den Bug gegeben, denn der bayerische Finanzminister Markus Söder hat diesen Vorschlag zurückgewiesen. Er läuft praktisch darauf hinaus, dass der „Soli“ weitergeführt wird, aber von 2019 an in einen Topf fließt, aus dem der „Bedarf“ der finanzschwächeren Länder gedeckt werden soll. Und zwar über den Finanzausgleich hinaus, der ja dazu dient, „Bedarfslücken“ zu decken. Damit stellt sich Merkel auf die Seite der schwächeren Länder, deren Anführerin neuerdings eben die NRW-Regierungschefin Kraft ist. In diesem Geldverteilungsspiel zwischen Bund und Ländern spielt die FDP praktisch keine Rolle, hier wird auf der Ebene von Bundes- und Landesregierungen weitgehend zwischen Union und SPD verhandelt. Und die beiden Großparteien (wie auch die Grünen) betrachten die öffentlichen Haushalte derzeit nicht unter dem Vorzeichen der Steuerentlastung.
Es geht letztlich um einen "Schulden-Soli"
Im Grunde verhalten sich alle Parteien beim „Soli“ unredlich. Die FDP will schon ab 2014 abschmelzen, obwohl der Solidarpakt bis 2019 läuft. Zwar sinken bis dahin die Überweisungen an die Ost-Länder kontinuierlich, aber der Bund hat noch immer hohe Schulden wegen des Aufbaus der maroden Infrastruktur im Osten, und daher gibt es eine gute Begründung für die Weitererhebung des Steuerzuschlags bis 2019. In der Bevölkerung steht er aber für die Aufgabe im Osten, dafür waren und sind die Bürger bereit, mehr zu zahlen. Und diese Aufgabe ist, das ist nahezu Konsens, in sechs Jahren beendet. Die Verewigung des "Soli" über 2019 hinaus aber – wofür soll die dann sein? Die Begründungen der Parteien klingen hier allzu lieblich. Straßen und Schienen, sagt die Kanzlerin, auch die SPD verweist auf marode Infrastruktur, und natürlich die Bildung, die auch von den Grünen wortreich zur Begründung herangezogen wird ("Bildungssoli"). Für diese staatlichen Normalaufgaben aber braucht es keinen „Soli“. Dafür müssen die normalen Steuereinnahmen reichen. Es geht auch gar nicht um Straßen, Brücken, Schulen. In Wirklichkeit soll der „Soli“ auch nach 2019 erhoben werden, um die massiven Schulden abbauen zu können. Es wird ein „Schulden-Soli“ sein, unbefristet natürlich angesichts der gewaltigen Defizite. Dann aber wäre es redlicher, wenn man offen sagt, was man will: eine Erhöhung der Einkommensteuer zum Abbau von Schulden. Dass die FDP das ablehnt, wird ihr vielleicht noch ein Prozentpünktchen bringen. Aber sie wird es nicht verhindern, weder in einer Koalition mit der Union noch in der Opposition. Und wie schnell sich Union und SPD auf höhere Steuern verständigen können, haben sie ja 2005 bei der Mehrwertsteuer gezeigt.