Länderfinanzausgleich: Die Schwachen bekommen zu viel
Der Süden Deutschlands zahlt für den Rest des Landes – das lässt sich kaum noch rechtfertigen.
Der Länderfinanzausgleich ist nur ein (vergleichsweise kleiner) Teil der ziemlich umfangreichen Geldverschieberei zwischen Bund und Ländern. In schönster Regelmäßigkeit aber bietet er Anlass für größte und gröbste Erregungen. Denn er ist ein Indikator für die ja nicht geringen Wirtschaftskraftunterschiede und -veränderungen zwischen den Ländern. Bayern und Hessen wollen nun gegen das geltende Gesetz klagen, weil es ihnen zu wenig Mittel im Etat lasse. Baden-Württemberg schließt sich zwar nicht an, ist aber Sympathisant – die Lage ist ja ähnlich. Schnell sind die bekannten Vorwürfe da: Bayern habe jahrzehntelang selbst profitiert, Hessen habe Zonenrandförderung bekommen, und überhaupt habe der Süden ja genug Geld, da könne und müsse er etwas abgeben.
Nun ist zweifellos richtig, dass vor allem die CSU mit einer ordentlichen Prise Schamlosigkeit das Thema für Wahlkampfzwecke nutzt. Das darf sie allerdings, und schlechte Argumente lassen sich ja leicht entkräften. Zum Bild gehört freilich auch, dass die SPD in Bayern (und auch der grüne Ministerpräsident Kretschmann) ähnlich denken. Es gehört zum politischen Normalton im Süden, die große Umverteilung kritisch zu sehen.
Es ist aber mehr als Folklore. Denn das Finanzverteilungssystem mag grundsätzlich richtig sein, weil es zur bundesstaatlichen Solidarität gehört, dass schwächere Regionen ihren Bürgern und Unternehmen ungefähr dasselbe staatliche Angebot machen können wie stärkere. Daher das Postulat der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse im Grundgesetz. Doch damit lässt sich der hohe Grad an Nivellierung zwischen den Ländern nicht zwangsläufig rechtfertigen. Gleichwertigkeit ist eben nicht Gleichheit – sondern im Sinne von Annäherung zu verstehen.
Was wir zurzeit haben, ist ein System, das aus dem Lot geraten ist. Die Starken behalten zu wenig, um stark bleiben zu können, die ganz schwachen Länder im Osten bekommen alles in allem zu viel, auch wenn gezielte Unterstützung weiterhin nötig ist. Und die Stadtstaaten sind vielleicht auch ein wenig zu gut ausgestattet mit ihrer „Einwohnerveredlung“. Die eigentlich Dummen sind jene Länder in der Mitte, die zwar auch etwas aus dem Finanzausgleich bekommen, aber letztlich mit weniger Geld je Bürger auskommen müssen als die Reichen und die Armen.
Kurzum: Der Länderfinanzausgleich in der jetzigen Form ist zu blind in seiner Verteilwirkung und zu unflexibel (weil im bis 2019 laufenden Solidarpakt für einen zu langen Zeitraum verabredet). Insofern ist das Verlangen nach Neuverhandlung durchaus legitim – auch aus Sicht der Steuerzahler. Die haben in den wirtschaftlich starken Regionen einen vertretbaren Anspruch darauf, dass das von ihnen erwirtschaftete Geld zu einem angemessenen Teil bei ihnen ausgegeben wird. Um diese Angemessenheit geht es. Sie sollte allerdings politisch ermittelt werden – ein Juristenspruch aus Karlsruhe kann dabei helfen, sollte aber nicht zu viel festlegen.
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