Bootsunglücke im Mittelmeer: Aktivisten organisieren Notruftelefon für Flüchtlinge
Eine Gruppe von Aktivisten und Wissenschaftlern hat ein zentrales Notruftelefon für Bootsflüchtlinge geschaltet. Ein Team von 50 Leuten soll rund um die Uhr dafür sorgen, dass den Flüchtenden im Mittelmeer geholfen wird.
Im Frühjahr 2011 starben so viele Menschen im Mittelmeer wie in den vergangenen 20 Jahren zuvor nicht. Und das obwohl eine Schiffsblockade der Nato vor Libyen und ein „Frontex“ - Einsatz im Meer vor Tunesien liefen. Flüchtlingsboote kenterten, Menschen ertranken und niemand griff ein. Das war der Anlass für Helmut Dietrich von der Berliner Forschungsgesellschaft Flucht und Migration und seine Mitstreiter das Netzwerk "Watch the Med" zu gründen. Die Gruppe aus Aktivisten und Wissenschaftlern sammeln seitdem Daten über Unglücke und Tote im Mittelmeer auf ihrer Webseite und versuchen, die Vorfälle auch wissenschaftlich aufzuarbeiten.
"Während unserer Arbeit haben wir immer wieder festgestellt, dass die Flüchtlinge durchaus die Küstenwache telefonisch erreichen", sagt Dietrich. "Aber geholfen wird häufig trotzdem nicht." Das Team vom alternativen Notfalltelefon kann keine eigenen Boote losschicken, aber es kann für mehr Aufmerksamkeit sorgen. "Wenn uns ein Notruf erreicht, dann machen wir Druck bei der zuständigen Küstenwache", sagt Dietrich. Die Handys der Flüchtlinge hätten meist GPS und seien leicht zu orten. Auch Frachter in der näheren Umgebung werde man kontaktieren, damit sie Flüchtlinge aufnehmen. Wenn die europäischen Behörden nicht reagierten werde man das zukünftig öffentlich machen.
Die rund 50 Aktivisten sind zuversichtlich, echte Hilfe leisten zu können
Viele der ehrenamtlichen Helfer sind selbst ehemalige Bootsflüchtlinge. "Im Team sprechen wir sprechen sehr viele Sprachen", sagt Dietrich. Auch deshalb seien die rund 50 Aktivisten zuversichtlich, echte Hilfe leisten zu können. Zudem gebe es für alle, die Telefonschichten übernehmen, Trainings und ein Handbuch mit allen wichtigen Nummern, die im Notfall angewählt werden können.
Dass sie gebraucht werden, da ist sich Dietrich sicher. Allein in den vergangenen Tagen habe es im Mittelmeer an die zehn Unglücke gegeben, bei denen viele Flüchtlinge starben. Medial berichtet worden sei darüber aber kaum noch. In Zukunft will "Watch the Med" in solchen Situationen schon frühzeitig Druck machen und so das Schlimmste verhindern. Die Notrufnummer von "Watch the Med" lautet: +33486517161. Sie soll auch vor Ort durch Helfer in den afrikanischen Ländern bekannt gemacht werden.