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Abmontiert, entwendet, gestohlen? Wer das Leid von Toten instrumentalisiert, diskreditiert humane Politik.
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Die Linke, Künstler, Wolf Biermann und die Meinungsfreiheit: Ahnden, verfolgen, verbieten

Keine Denkverbote, keine Redeverbote, der Streit ist das Salz in der Suppe der Demokratie. Das, dachte man, könnten auch Linke unterschreiben. Doch vom Biermann-Auftritt bis zu den Mauerkreuz-Aktivisten sieht die Realität leider ganz anders aus. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Malte Lehming

Freiheit sei die Freiheit der Andersdenkenden, meinte Rosa Luxemburg, zu deren Ehren die deutschen Linken jedes Jahr wallfahren und Blumen niederlegen. Folglich ließe sich vermuten, dass Streit, Dissens, der öffentliche Disput von den Linken geschätzt werden – als das Salz in der Suppe der Demokratie. Keine Denkverbote, keine Redeverbote. Die Meinungsfreiheit als ein Menschenrecht und als eines der höchsten Grundrechte überhaupt. Und angeblich von Voltaire, tatsächlich aber von seiner Biographin, stammt der wahrlich schöne Satz: „Ich lehne ab, was Sie sagen, aber ich werde bis auf den Tod Ihr Recht verteidigen, es zu sagen.“  

Nun, die Realität sieht anders aus. Hier ein paar Nachrichtenzeilen aus jüngster Zeit: „Biermann-Auftritt – Linke will gegen Lammert vorgehen, der Ältestenrat soll sich mit dem Auftritt des Liedermachers in der Mauerfall-Gedenkstunde im Bundestag befassen“; „Künstlergruppe stellt Strafantrag gegen Frank Henkel wegen übler Nachrede, die Mauerkreuz-Aktivisten erhalten Unterstützung aus der Kulturszene“; „Israel-Gegner lauern, mit Unterstützung einiger Linken-Abgeordneten, Gregor Gysi vor seinem Büro im Bundestag auf und verfolgen diesen mit der Kamera bis auf die Toilette“.

Linke Künstler, die Gedenkkreuze entwenden und ihre Kritiker vor den Kadi zerren, instrumentalisieren das Leid von Flüchtlingen

Beleidigt, verbittert, aggressiv, rigide, justizvernarrt: So reagieren Linke, wenn ihnen die Meinung Andersdenkender nicht passt. Wann je haben Rechte oder Konservative die Keule der Klage bemüht, wenn sie nach Lust und Laune geschmäht wurden? Thilo Sarrazin, Alexander Gauland, Hans-Olaf Henkel, Karl-Theodor zu Guttenberg, Christian Wulff, Joachim Gauck: Sie alle hätten Anlass genug, bleiben aber gelassen und locker. Die Gesinnungsgängelei, getragen vom fundamentalistischen Anspruch, im Besitz der Wahrheit zu sein, ist deutlich nach links gerückt.

Linke, die den Biermann-Auftritt nicht souverän aussitzen, demaskieren sich – denn was trifft, das trifft auch zu. Linke Künstler, die Gedenkkreuze entwenden und ihre Kritiker vor den Kadi zerren, instrumentalisieren das Leid von Flüchtlingen. Linke Israel-Hasser, die eine Hetzjagd auf Gregor Gysi veranstalten, demonstrieren, dass es richtig war, ihnen am Jahrestag der Reichspogromnacht keine Plattform gegeben zu haben. Dass es in diesem Falle dann ausgerechnet Gysi traf, der selbst keine Gelegenheit auslässt, Anwälte zu bemühen, um seinen Gegnern gewisse Behauptungen über ihn zu untersagen, ließe sich freilich auch als kleine Rache der Geschichte interpretieren. 

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